Faschisten in der Nachbarschaft geoutet

Gestern haben wir 400 Flugblätter in der Nachbarschaft des Graue Wölfe Zentrums in der Rothenditmolder Straße 19a verteilt:

Faschisten in der Nachbarschaft!

Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,

in der Rothenditmolder Straße 19 betreibt die sogenannte „Förderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V.“ (abgekürzt ADÜTDF) ein Vereinsheim mit der angegliederten Sultan-Alparslan-Moschee. Der harmlos klingende Dachverband ist die deutsche Organisation der türkisch-faschistischen „Partei der nationalistischen Bewegung“, besser bekannt unter dem Kürzel MHP.

Entstanden ist die türkische Partei 1969, die europäische Auslandsorganisation folgte einige Jahre später. Der Gründer der Partei, Alparslan Türkes, war während des zweiten Weltkriegs Oberst in der türkischen Armee und dort Kontaktmann der Türkei zur NSDAP. In seinen Reden hat sich Türkes direkt auf Hitlers „Mein Kampf“ bezogen, so wundert es auch nicht, dass jedes Mitglied der Partei ihn mit dem Titel „Basbugum“ (Mein Führer) anreden musste.

Das Türkentum ist eine von Religion und Rasse geschaffene Substanz. Die Rasse hat Gott gegeben… Die Größe der türkischen Rasse wird am Wert der anderen Rassen gemessen. Und die türkische Rasse ist wertvoller als die anderen Rassen.“ – Alparslan Türkes

Die MHP zielt auf eine starke türkische Nation, die sich durch Islam einerseits und durch Blutsabstammung andererseits definiert. Dabei sollen die Gebiete der sogenannten „Turkvölker“ aufgrund vermeintlich rassischer Zugehörigkeit in die türkische Nation eingegliedert werden, ein Gebiet von Anatolien bis in das heutige China.

Das Logo der MHP bildet drei Halbmonde auf rotem Grund, was die Herrschaft über die drei Kontinente Afrika, Asien und Europa symbolisiert und in direkter Kontinuität zum Osmanischen Reich steht, dessen Kriegsflagge drei Halbmonde auf grünem Grund darstellte. Eben jene Flagge wird auch auf dem Schild des Kasseler Vereinsheims abgebildet und der Name der Moschee bezieht sich auf einen osmanischen Sultan, der für Vernichtung und Expansion bekannt war.

Der Kasseler Ableger der ADÜTDF organisiert Veranstaltungen mit faschistischen Musikern und Politikern aus der Türkei, organisiert den Wahlkampf für die MHP in Deutschland und versucht türkische Migranten mit Lebensmittelpunkt in Kassel an die Parteiinteressen der MHP zu binden.

In Deutschland zählt die ADÜTDF circa 7.000 – 10.000 Mitglieder und ist in über 150 Vereinen organisiert. Deutschlandweit sind die Verbände streng hierarchisch aufgebaut und in verschiedene Regionen aufgeteilt.

Obwohl die inhaltliche Ausrichtung der türkischen MHP und des deutschen Verbands ADÜTDF klar scheint, kann der Kasseler Ableger seine Aktivitäten weitestgehend ungestört ausleben, regelmäßig Veranstaltungen und bundesweite und innerstädtische Vernetzungstreffen ohne Widerspruch organisieren und Jugendliche der Ideologie gemäß schulen.

Wir wollen diese Aktivitäten nicht unwidersprochen hinnehmen und rufen auch Sie auf, gegen faschistische Bestrebungen in der Nachbarschaft vorzugehen!”

 

Türkische Mobilmachung gegen Rojava

Erneut führt die Türkei einen Angriffskrieg gegen die Kurdinnen und Kurden in Nordsyrien und schwört die türkische Volksgemeinschaft innerhalb und außerhalb der Türkei auf den heiligen Krieg gegen die Ungläubigen ein, der bereits in den ersten Tagen zivile Opfer, Zerstörung und Vertreibung nach sich gezogen hat.

Das türkische ‘Amt für religiöse Angelegenheiten – Diyanet’ und die ihm untergeordnete deutsche Organisation ‘Diyanet İşleri Türk İslam Birliği’ – besser bekannt als DİTİB – liefern die religiöse Rechtfertigung für den Krieg. Die Religionsbehörde veröffentliche am vergangenen Freitag die deutsche Predigt mit dem Titel „Es ist der Tag der Einheit und der Solidarität“ und gebot, die Eroberungssure ‘al-Fath’ aus dem Koran zu rezitieren.

Diyanet Deutsch Webpräsenz mit Link zur Predigt

In der Diyanet-Predigt finden sich Legitimation für Krieg und Märtyrertod im Namen des Islams und der türkischen Nation: „Aber diejenigen, die es auf unser Land abgesehen haben, dessen jedes Zentimeter mit dem gesegneten Blut unserer Märtyrer bewässert ist, sind dazu verdammt, auch heute zu verlieren, genau wie gestern. Weil wir eine enorme Kraft haben, die uns erfolgreich gegen unsere Feinde macht. Diese Kraft ist unser unerschütterlicher Glaube an Allah, unsere aufrichtige Hingabe an den Islam, unsere Liebe zu unserer Heimat, Flagge und Unabhängigkeit.“

Die gesamte Predigt des Direktoriats für religiöse Angelegenheiten

Diese islamistischen und nationalistischen Inhalte haben den Weg in die Freitagspredigt der über 900 Moscheevereine des deutschen Verbands DİTİB gefunden.

Einige Auszüge aus Kassel

In Kassel hat der Imam der Mattenberger DİTİB-Moschee Semih Öğrünç, der bereits 2016 seine Anhängerschaft auf dem Kasseler Königsplatz zum Martyrertod fürs Vaterland aufgefordert hatte, derweil ein Bittgebet veröffentlicht, in dem er Allahs Hilfe für die Soldaten der derzeitigen Offensive anruft, sich mit der expansionistischen Turanbewegung identifiziert und wünscht, dass die Feinde untergehen werden, zusammen mit dem Ausspruch: „Es lebe die türkische Armee!“.

Doch die Mobilmachung geht weit über die Staatsbehörden und ihre Vertreter hinaus, Organisationen der grauen Wölfe oder islamistischen Bewegungen in der Türkei agitieren in Kassel gleichsam für den Angriffskrieg.

Der Vorsitzende der MHP-Moschee in der Rothenditmolder Straße 19a, Seydi Aktas schickt ein Gebet an die Soldaten in Nordsyrien und ruft Allah an, dass diese Armee seine Armee sei und er dafür sorgen soll, dass sie in ihrem Unterfangen siegreich sein wird.

Aktas’ Parteikollege Ali Dagdemir betet gleichermaßen für den Sieg der türkischen Truppen und legitimiert die Offensive und Vernichtung mit einem Zitat des ‘ewigen Oberwolfs’ Alparslan Türkeş: „Unser Recht ist geboren, diejenigen die sich vornehmen uns umzubringen, auszulöschen.“

Der Imam der islamistischen Grauen Wölfe Abspaltung aus der Moschee in der Bunsenstraße 73a wünscht sich von Allah den schnellen Sieg der türkischen Soldaten, die während ihres Feldzug die Eroberersure des Korans rezitieren würden und beschreibt die Soldaten als Hoffnung der Unterdrückten und Armen.

Die Jugendgruppe der türkischen Faruki Moschee aus der Kasseler Sickingenstraße 6-8 fassen sich kurz und veröffentlichen ein Foto, das vier Soldaten mit Waffen im Anschlag zeigt und das sie mit dem Spruch „Wir stehen zu unserer Armee“ kommentieren.

Wieder einmal wird deutlich, dass die türkeistämmigen Moscheeverbände durchweg Organe des politischen Islams darstellen, die sich nach außen betont tolerant, dialogisch und interkulturell geben, gleichzeitig jedoch in die eigene Community die nationalistische und islamistische Ideologie Erdoğans und der türkischen Volksgemeinschaft predigen.

Da sich die Ideologie lediglich in Nuancen unterscheidet und gegen den Feind des Türkentums mobil gemacht werden soll, rückt man auch in Kassel in den vergangenen Jahren zusammen. Durchweg alle türkisch-islamischen Verbände feiern beispielsweise seit zwei Jahren gemeinsam den Geburtstag des Propheten Mohammed und regelmäßig finden Vernetzungstreffen der Gemeinden statt, wie zuletzt am 27. September in der MHP-Moschee, bei dem Jugendliche von den drei Graue Wölfe Organisationen (ATİB, ATB & ADÜTDF), DİTİB, Millî Görüş und der Faruki Moschee zugegen waren.

Darüber hinaus bleibt immer wieder zu betonen, dass türkisch-faschistische Agitation in Kassel weitestgehend ungestört stattfinden kann und dass Zivilgesellschaft und Stadtpolitik nicht nur nicht gegen genannte Verbände vorgehen, sondern DİTİB mit städtischen Geldern unterstützen und mehreren faschistischen Verbänden im städtischen Rat der Religion oder dem Ausländerbeirat eine Plattform geboten wird.

Dass die SPD zur Europawahl in den DİTİB Gemeinden auf Stimmfang geht oder sich die ‘Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten’ (VVN-BDA) in Kassel allen ernstes gegen Antiislamismus positioniert und den Angriff auf die Graue Wölfe Moschee in der Bunsenstraße verurteilt.

Wie schon im Falle Afrins im Frühjahr 2018 bleibt es für uns dabei: Solidarität mit Rojava heißt türkischen Faschismus zu bekämpfen, ob in Kassel oder anderswo!

PM: Faschistisches Event im Landkreis Kassel

Im Februar diesen Jahres hat eine faschistische Musikveranstaltung der Grauen Wölfe in den Räumlichkeiten des Eventsaal Kassel-Calden, in der Flugplatzstraße 31 stattgefunden. Am 17.02. hat die sogenannte Türk Federasyon – die inoffzielle Auslandsorganisation der türkisch-faschistischen „Partei der nationalistischen Bewegung“ – den Saal für ein Konzert mit einschlägig nationalistischen Musikern angemietet und dabei den Saal entsprechend mit faschistischer Symbolik geschmückt. Mehr zur Organisation in dieser Broschüre ab Seite 6: http://raccoons.blogsport.de/images/akR_Broschre_RZ_B.pdf.

Eine riesige Türkeiflagge wurde unter die Decke und eine gleichsam große Fahne mit drei Halbmonden – das Symbol der faschistischen Grauen Wölfe – vor die Fenster gespannt. Dazu zierte ein Banner des Kasseler Ablegers der Organisation mit den Portraits der faschistischen Führer Alparslan Türkeş und Devlet Bahçeli den Saal in Calden. Angekündigt wurden unter anderem der Musiker Mustafa Yıldızdoğan, der ein Loblied auf die faschistische Partei singt (https://www.youtube.com/watch?v=mF5D00cn13A).

Die Auslandsorganisation der MHP versucht mit solchen Veranstaltungen türkische Migranten und Migrantinnen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, an die Politik der türkisch-faschistischen Partei zu binden und ihre Ideologie zu verbreiten. Dabei wurde die Veranstaltung von verschiedenen Geschäften – unter anderem vom Eventsaal selbst – unterstützt, wie auf dem angehängten Plakat zu sehen ist.

Diese und andere offen faschistischen Veranstaltungen dürfen nicht ungestört stattfinden.