Vortragsreihe „Reaktionäre Ideologien im fortschrittlichen Gewand“

Artikel vom 04. Mai 2017

Gemeinsam mit dem Referat für Antidiskriminierung und offene Gesellschaft des AStA und dem Bündnis gegen Antisemitismus Kassel organisieren wir in den kommenden Wochen die Veranstaltungsreihe „Reaktionäre Ideologien im fortschrittlichen Gewand“. Wir werden diesen Beitrag um die übrigen Veranstaltungen erweitern, sobald die Termine feststehen.

1. Veranstaltung: Patsy l’Amour laLove
11.05.17 | 18:00 Uhr | Universität Kassel, Arnold-Bode-Str. 8, Raum 0113/0114

„Beissreflexe – Kritik an queerem Aktivismus, autoritären Sehnsüchten und Sprechverboten“ – Vortrag und Buchvorstellung

Patsy l’Amour laLove stellt mit einem Vortrag ihr Buch „Beissreflexe – Kritik an queerem Aktivismus, autoritären Sehnsüchten und Sprechverboten“ vor: Queer steht für eine selbstbewusst perverse Entgegnung auf den heterosexuellen Wahnsinn und die Feindseligkeit gegen das Anderssein. Im queeren Aktivismus aber hat eine Verschiebung der Perspektive sattgefunden. Er operiert häufig mit Konzepten wie „Critical Whiteness“, „Homonormativität“ und „kulturelle Aneignung“. Ein Kampfbegriff lautet „Privilegien“ und wittert hinter jedem gesellschaftlichen Fortschritt den Verrat emanzipatorischer Ideale. Oft erweckt dieser Aktivismus den Anschein einer dogmatischen Polit-Sekte. Das Ziel ist nicht selten die Zerstörung des sozialen Lebens der Angegriffenen. In dem Sammelband widmen sich 27 Autor_innen dieser Form von queerem Aktivismus und ihren theoretischen Hintergründen aus einer Perspektive, die an die teilweise vergessene oder abgewehrte selbstbewusste Entgegnung von Queer anschließt.

Patsy l‘Amour laLove, Geschlechterforscherin und Polit-Tunte aus Berlin, promoviert zur Schwulenbewegung der 1970er Jahre und arbeit als Kuratorin sowie im Archiv Schwulen Museum* Berlin.

2. Veranstaltung: Sama Maani
01.06.17 | 18:00 Uhr | Universität Kassel, Arnold-Bode-Str. 2, Raum 0404

„Warum wir über den Islam nicht reden können“ – Vortrag und Diskussion

Sama Maani wird aus seinem Buch „Respektverweigerung, Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren sollten – und die eigene auch nicht“ ein Kapitel vorlesen, welches sich der Frage widmet, „Warum wir über den Islam nicht reden können“.
Wie kommt es, dass viele Linke die Ablehnung des Islam als „rassistisch“ wahrnehmen – nicht jedoch die Ablehnung des Christentums? Dass Ressentiments gegen Türken oder Araber „Islamophobie“, Ressentiment gegen christliche Nigerianer jedoch nicht „Christentumophobie“ genannt werden? Warum wurden die Demonstranten des arabischen Frühlings in erster Linie als „Moslems“ bezeichnet, die Demonstranten der Occupy-Bewegung aber nicht als „christlich“? Warum reden wir, wenn wir vorgeben über den Islam zu reden, über alles mögliche andere (Terrorismus, Migration, „Integration“) – nur nicht über den Islam? Und: Was hat unser (Nicht-)Reden über den Islam mit unserer eigenen Beziehung zur Religion zu tun?

Sama Maani stammt aus Wien und ist Schriftsteller und Psychoanalytiker. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen in deutschsprachigen und iranischen (Literatur-)Zeitschriften und Anthologien, bei Drava erschienen neben „Respektverweigerung“ zuletzt „Ungläubig“ und „Der Heiligenscheinorgasmus“.

3. Veranstaltung: Sigrid Herrmann-Marschall
08.06.17 | 18:00 Uhr | Universität Kassel, Arnold-Bode-Str. 2, Raum 0404

Lokale islamistische Szene. Ideologie, Strukturen,Verflechtungen

In ihrem Vortrag wird Sigrid Herrmann-Marschall zunächst das Phänomen „Islamismus“ behandeln und dabei sowohl seine theoretischen Grundlagen darlegen, als auch seine Besonderheit als totalitäre Ideologie begründen. Dabei wird auch ein besonderes Augenmerk auf den legalistischen Islamismus gelegt, der die Hauptstrategie der meisten in Deutschland ansässigen islamistischen Organisationen darstellt, die zwar in ihren Zielen nicht weniger gefährlich sind, diese aber hauptsächlich durch Politik und Lobbyarbeit verfolgen.
Schließlich wird Frau Herrmann-Marschall auf die konkreten islamistischen Strukturen in Kassel und Hessen und deren Verbindungen eingehen.

Sigrid Herrmann-Marschall ist unabhängige Sekten- und Islamismus-Expertin und betreibt den Blog vunv1863.wordpress.com, auf dem sie Artikel und Recherchen hauptsächlich zu islamistischen Strukturen in Hessen veröffentlicht.

4. Veranstaltung: Nina Scholz
15.06.17 | 18:00 Uhr | Falkenraum, Weserstraße 17, Kassel
Symbole der Ungleichstellung – Kopftuch und Islamismus

Die Wiener Politikwissenschaftlerin und Autorin Nina Scholz wird über die Ideologie hinter der Verschleierung von Mädchen und Frauen sprechen, über die Kategorien Freiwilligkeit und Zwang und über Relativierung und Verharmlosung eines religiösen Zeichens, das von Islamisten zu einem Markenzeichen des Islamismus auserkoren wurde.
Überall dort, wo dezidiert islamisch-religiöse Kräfte an die Macht gelangen oder über Rückhalt in der Bevölkerung verfügen, werden Mädchen und Frauen zur Verschleierung angehalten oder gezwungen.
Das Kopftuch ist das sichtbarste Zeichen einer Gesellschaftsvorstellung, die sich durch Geschlechtersegregation auszeichnet und Männer und Frauen von Kindheit an hierarchisch voneinander scheidet und die inferiore gesellschaftliche Rolle von Frauen unterstreicht.
Mit dem Vormarsch des Islamismus ist diese Entwicklung auch in Europa angekommen. Nun sind es jedoch nicht nur Männer, die das Kopftuch erzwingen oder für dieses lobbyieren, sondern auch Frauen. Selbstbewusste, sich selbst als „muslimische Feministinnen“ bezeichnende Frauen etwa verkürzen Feminismus auf gleichberechtigte Teilhabe an der von ihnen vertretenen Ideologie und treten mit der feministischen Parole „Frauen ermächtigen!“ für reaktionäre Werte ein. Ähnliches lässt sich zunehmend auch in der rechten Szene bei sogenannten „identitären Feministinnen“ beobachten. Wird der von Letzteren vertretene Gesellschaftsentwurf durchschaut, ist Problembewusstsein gegenüber konservativen islamischen Aktivistinnen kaum vorhanden.
Nina Scholz plädiert für kopftuchfreie Kindergärten und Schulen, weil politische oder religiöse Vorstellungen von der Ungleichstellung der Menschen in diesen nichts verloren haben sollten.

Nina Scholz ist Politikwissenschaftlerin und Autorin und lebt in Wien. Sie forscht und publiziert zu den Themen Nationalsozialismus, Antisemitismus und Islam und Menschenrechte.

5. Veranstaltung: Sören Pünjer
20.06.17 | 18:00 Uhr | Universität Kassel, Arnold-Bode-Str. 2, Raum: 0404

Fifty shades of black and white – Der politisch korrekte Rassismus der Critical Whiteness

Vor allem an Universitäten etablieren sich seit einigen Jahren vorgeblich antirassistische Konzepte, die nach subjektivistischen Kriterien Urteile fällen und Handlungsregeln abzuleiten versuchen: Regelungen, die bestimmte Gesten und Begriffe verbieten, um dafür zu sor­gen, dass nie­mand sich aus­ge­grenzt oder dis­kri­mi­niert fühlt. Dabei geht es nicht um tat­säch­li­che Be­nach­tei­li­gung, son­dern al­lein um ge­fühl­te, die zur Willkür berechtigen soll; sachliche Kritik wiegt nichts, der „Standpunkt“ oder „Sprechort“ hingegen alles. Zur Bestimmung desselben wird dann die naturalistisch verstandene Kultur herangezogen oder die Hautfarbe einer Untersuchung unterzogen. „Critical Whiteness“ nennt sich das autoritäre Konzept, welches angetreten ist, unter linken Vorzeichen wieder die „Rassefrage“ stellen zu können. Anstatt der Basisbanalität zu folgen, dass Menschen als Individuen zu behandeln sind, werden sie aufgrund ihrer Ethnizität und äußeren Erscheinung kategorisiert. In dieser Logik werden Dunkelhäutige quasi zu einem neuen „Revolutionären Subjekt“, nur sie dürfen über Rassismus sprechen oder definieren, was als solcher zu gelten hat. „Weiß“ wird hingegen zum Synonym für Unterdrückung und Diskriminierung. Dabei führt die Theorie der Critical Whiteness mitunter zu skurriler Praxis, wenn beispielsweise am Eingang des „Queer Zinefest Berlin“ Menschen mit Piercings oder Dreadlocks kontrolliert und rassistisch eingeordnet werden – um sie, wenn man sie dann für „zu weiß“ befindet, der „Kulturellen Aneignung“ schuldig sprechen und der Veranstaltung verweisen zu können.

Sören Pünjer, Redakteur der ideologiekritischen Zeitschrift Bahamas, wird über die Wurzeln und Ursachen der Rückkehr des Rassedenkens unter antirassistischen Vorzeichen sprechen.

6. Veranstaltung: Naida Pintul und Lena
[Die Veranstaltung ist leider abgesagt!]
Zur feministischen Kritik an Queerfeminismus und Islam

Der Islam ist keine „Rasse“, sondern eine reaktionäre Ideologie und Alltagspraxis. Ein wohlverstandener, materialistischer Feminismus hieße, Partei zu ergreifen für die Frauen und alle anderen, die nicht in die Streichholzschachtelwelt selbsternannter Geschwister passen – ob sie in islamischen Ländern, den Kleinstkalifaten Europas oder in Flüchtlingsheimen leben – denen nicht nur der Islamismus, sondern nahezu der gesamte praktizierte Alltagsislam in aller Unerbittlichkeit nachstellt. Kommunistische Kritik muss deswegen dem längst allgegenwärtigen fremd- und selbstethnifizierenden ‚Multirassismus‘ (Pohrt) auf den Leib rücken, der ganz besonders in islamischen Milieus und den mit ihnen neidvoll verbundenen Fankreisen verankert ist, wo die Kulturalisierung von Herkunft, Haar- und Augenfarbe – wie es also bekanntlich auch bei rechten Ethnopluralisten und linken Antirassisten gang und gäbe ist – den islamischen Sittenwächtern ganz besonderer Anlass für Sexual- und Moralkontrolle der beschwörten Eigengruppe sind.
Stattdessen gewinnt vielerorts ein Queerfeminismus an Einfluss, der Kopftücher zum empowernden Accessoire verklärt bei gleichzeitiger Fixierung auf ein vermeintlich weißes, altes, katholisches Patriarchat. Der die islamische Misogynie nicht nur verharmlost, sondern auch protegiert.

Naida Pintul und Lena werden diese Zustände einer feministischen Kritik unterziehen.

7. Veranstaltung: Orhan Sat
[Die Veranstaltung ist leider abgesagt!]
Wie heulen Graue Wölfe?

Nach den Wahlen des türkischen Parlaments im Juni des letzten Jahres, deutete sich das Scheitern des Friedensprozesses zwischen der kurdischen Bewegung und dem türkischen Staat bereits an. In der Folge kam es in ganz Deutschland zu Aufmärschen und Aktionen von nationalistischen und faschistischen Kräften gegen eine Fortführung des Prozesses: Im September in Köln (2000 Teilnehmende), in Nürnberg (1500), in Kassel (500) und in Hannover (400). Auf der Kundgebung in Kassel glorifizierte der sprechende Imam den Märtyrertod, in Nürnberg wurden aus dem Umfeld der Organisatoren über das Internet Kurden massiv bedroht. Im Anschluss an die Kundgebung in Hannover wurden kurdische GegendemonstrantInnen von Mitgliedern und Sympathisanten der faschistischen Grauen Wölfe angegriffen. Dabei wurde ein Jugendlicher durch Messerstiche am Hals verletzt und schwebte zeitweise in Lebensgefahr.
Wer sind die Grauen Wölfe, die den extremsten Teil der türkisch-nationalistischen Bewegung bilden? Orhan Sat wird die Ideologie der Grauen Wölfe vorstellen, ihre Strukturen in Deutschland, Europa und der Türkei beleuchten und ihre Rolle auf der Straße mit der offiziellen türkischen Regierungspolitik ins Verhältnis setzen.

Orhan Sat ist Politologe. Er recherchiert, schreibt und referiert zu deutschem und türkischem Nationalismus.

Über die Veranstaltungsreihe:

In dem Aufruf zur Demonstration „MuslimBanAustria – Mein Körper, mein Recht auf Selbstbestimmung“ am 04.02.17 in Wien gegen das geplante Integrationspaket, das ein Verbot der Vollverschleierung und das Kopftuchverbot bei uniformierten Exekutivbeamten, Richtern und Staatsanwälten vorsieht, heißt es: „Viel mehr als nur ein ‚Kopftuchverbot‘! Bei dieser Demonstration geht es nicht nur um das Kopftuchverbot, sondern um Menschen- und Minderheitenrechte, um Antidiskriminierung, um Gleichberechtigung und vor allem um das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Es handelt sich hierbei de facto um Berufsverbote ausschließlich für Frauen, die einer religiösen Minderheit angehören. Wieder einmal wollen Männer über Frauen und ihre Körper
bestimmen. Das weisen wir entschieden zurück!“
Doch was ist eigentlich mit Minderheitenrechten, Antidiskriminierung, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung in diesem Kontext gemeint? Gemeint ist nicht die individuelle Freiheit, die man mit den drei letztgenannten Begriffen in Verbindung bringen könnte. Stattdessen werden „kulturelle Freiheit“, die „Freiheit“ kollektiver Ordnung, Regelungen und Gewohnheiten verlangt. Nicht universelle Menschenrechte, sondern islamische Kulturrechte werden gegen das Kopftuchverbot gefordert. Dabei wäre ein Kopftuchverbot eben nicht ein „Berufsverbot ausschließlich für Frauen, die einer religiösen Minderheit angehören“, sondern ein reines Verbot des Tragens eines unterdrückenden religiösen Symbols, das nicht, wie oftmals gerne verklärt wird, ein einfaches, frei
gewähltes Accessoire darstellt. „Nicht immer verbirgt sich ein drohender Vater, Bruder oder Ehemann hinter der Entscheidung für die Verhüllung. Aber immer ein strafender, patriarchaler Gott.“ (Ahmad Mansour) Die Frau wird, indem sie sich durch Verhüllung vor dem Begehren der Männer und die Männer vor der „Sünde der Versuchung“ schützen soll, auf ein Sexualobjekt reduziert und gleichzeitig desexualisiert. Das wirklich diskriminierende, eine Gleichberechtigung ausschließende und die Selbstbestimmung der Frau verwehrende in diesem Kontext ist also das Kopftuch selbst. Doch anstatt die Worte „Mein Körper, mein Recht auf Selbstbestimmung“, „Wieder einmal wollen Männer über Frauen und ihre Körper bestimmen“ sowie Plakate mit der
Aufschrift: „Ich will meine Freiheit“ gegen das islamische Patriarchat zu richten, sind die Adressaten leider die, die zumindest eine Ausdrucksform von eben jenem, die Vollverschleierung, aufheben wollen. Die Forderung nach Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Menschenrechten erscheint somit als Farce und das Einzige, das bleibt, ist die Forderung nach islamischen Kulturrechten, womit sie sich, konträr zum universalistischen Anspruch der Moderne, als reaktionäre Ideologie entlarvt.
An dieser Stelle wäre von westlichen Feministen, welche in Ländern leben, in denen die erkämpfte Stellung der Frau in der Gesellschaft im Vergleich zu anderen, nicht-westlichen, Ländern deutlich besser ist, zu erwarten, dass sie Frauen, die sich von einem islamischen Patriarchat zu befreien versuchen, unterstützen und fortschrittliche Forderungen und einen Kampf um Unabhängigkeit mit eben jenen Frauen zusammen führen. Dass sie Frauen in ihre Kämpfe einbeziehen und mit ihnen gemeinsam gegen die islamische Ideologie, dem mittlerweile auch Frauen, Juden, Homo- und Transsexuelle in westlichen Großstädten ausgesetzt sind, vorgehen. Doch das ist innerhalb weiter Teile der Linken, in der sich die o.g. Feministen bewegen, leider nicht der Fall. Stattdessen werden Frauen, so wie in Wien geschehen, in ihren Forderungen, in eben jenen unterdrückenden Verhältnissen bleiben zu können, begleitet und gefördert, während emanzipierten Frauen muslimischen Hintergrundes, die sich gegen das islamische Patriarchat stellen, wiederum oftmals vorgeworfen wird, sie würden sich der westlichen Kultur „unterwerfen“. Wenn in diesen, die linke Szene dominierenden, „antisexistischen“ und „antirassistischen“ Strömungen Toleranz, Freiheit und Rechte gefordert werden, sind damit leider (meistens) nicht universale Menschenrechte gemeint, die für alle Individuen gelten sollten, sondern die bedingungslose Akzeptanz kultureller Praktiken und Lebensweisen, sofern sie nicht westlicher Provenienz sind, obgleich diese konträr zur ihrem eigenen emanzipatorischen Anspruch stehen, individuelle Freiheiten einschränken oder gar Menschen diskriminieren. Universale Rechte werden dabei als eurozentristisch abgetan und an Stelle dessen ein Partikularismus und Multikulturalismus gefordert, die es ermöglichen sollen, kulturelle Rechte und Einschränkungen unter Artenschutz zu stellen. Frauen, denen man andere Kulturen zuschreibt, bleiben somit die Fortschritte, welche in westlichen Gefilden gemacht werden konnten, verwehrt. Während diese „Linken“ versuchen, gegen die Neue Rechte zu kämpfen, fördern sie jedoch gerade
durch diese Zuschreibungen die ethnopluralistischen Vorstellungen eben jener. Denn wie auch beim Ethnopluralismus werden in diesen Kreisen Menschen nicht als Individuen erfasst, sondern Individuen auf naturalisierende und kollektivistische Weise unter Kulturen subsumiert. So wird suggeriert, dass Individuen sich nicht von ihren Kollektiven lösen könnten, und verlangt, dass sie auch in diesen verbleiben. Auf diese Weise werden Individuen entwertet und nur als Teile einer Kultur erfasst, womit das Differenzieren zwischen Kollektiven und Individuen nicht mehr stattfindet, weshalb jede Kritik an ersteren als rassistisch wahrgenommen wird. Eine Behauptung, die nur innerhalb der eigenen kollektivistischen und damit letztlich selbst rassistischen Denkweise aufrecht erhalten werden kann.
Die Erwähnung von Gleichberechtigung, Respekt und Toleranz in diesen antirassistischen und antisexistischen Kreisen der linken Szene findet nur noch in Bezug auf die Erhaltung, dem Individuum übergeordneter, kollektiv-artiger Kulturen statt. Die Zwänge dieser Kulturen werden dabei unsichtbar und die Freiheit und Emanzipation aller Individuen weltweit unmöglich gemacht. Um jedoch gerade dieser antiemanzipatorischen Entwicklung etwas entgegenzusetzen, müssen eben jene Ideologien im fortschrittlichen Gewand dechiffriert werden.
Dies soll Ziel der Veranstaltungsreihe sein. Themen wie Antisemitismus, Multikulturalismus und Kulturrelativismus, Antirassismus, Critical Whiteness, Religionsfreiheit, Alltagsislam und Islamismus, Frauen im und feministische Kritik am Islam und türkischer Nationalismus sollen in ihren aktuellen Zuständen dargestellt, analysiert und diskutiert werden.

Junger Mann antisemitisch beleidigt und bedroht

Artikel vom 11. März 2017

Am 07.03.17 ereignete sich im Bereich des Kasseler Stern ein antisemitischer Vorfall. Der Betroffene, der einen Button mit einem Davidstern auf Regenbogenfahne am Rucksack trug, überquerte gegen 13 Uhr die Kreuzung, als er von einem Mann als „nach Pisse stinkender Jude“ beleidigt wurde. Weiterhin gab dieser kund, dass Juden gemeinsam mit Nazis gegen die Türkei kämpfen würden und pöbelte dem Betroffenen unverständliche, eventuell türkische, Worte, immer wieder gepaart mit „Jude“, entgegen. Als jener zunächst perplex stehen blieb, zog der Mann sein Handy und gab vor, jemanden anzurufen, um schließlich zu drohen, der Leidtragende solle weiter gehen, da er sonst „seine Leute“ holen würde.
Dabei reiht sich der Vorfall perfekt in den durch Erdogan und seine willigen Gefolgsleute geführten Propagandakampf ein. Erst kurz zuvor hatte Erdogan Deutschland „Nazi-Praktiken“ nachgesagt, nachdem Wahlkampfauftritte türkischer AKP-Vertreter in deutschen Städten abgesagt worden waren. Wie bereits nach dem gescheiterten Putscherversuch des letzten Jahres, als sich 500 türkische Nationalisten auf dem kasseler Königsplatz versammelten, um dem islamistisch-nationalistischen Rausch zu verfallen, zeugt auch der jüngste Vorfall davon, dass Erdogan, ohne unbedingt direkt dazu aufrufen zu müssen, in der Lage ist, auch in Deutschland, auch in Kassel, den Mob zu formieren und Einzelne zum Handeln zu bewegen.
Es gilt, diese Entwicklungen und durch Erdogan und die AKP auf den Plan gebrachte Islamfaschisten zu beobachten und ihnen mit Widerstand zu begegnen.
Wie immer möge sich, wer Informationen zu besagtem Vorfall hat, bei uns melden (gerne auch über unser verschlüsseltes Kontaktformular).
Der Täter wird wie folgt beschrieben: Etwa 1,70m groß, dunklerer Teint, ca 40-50 Jahre alt, dünn werdendes, schwarzes Haar, an besagtem Tag trug er eine dunkelgraue Daunenjacke und hellblaue Jeans.

Über den türkischen Islamfaschismus – Vortrag und Diskussion mit Justus Wertmüller

Artikel vom 15. Februar 2017

Vortrag und Diskussion mit Justus Wertmüller am Freitag, den 24.02.2017

Eine gemeinsame Veranstaltung des AK Raccoons und des BGA-Kassel:

Die DITIB und die Milli Görüs sind in Kassel Partner des städtische geführten Dialoges. Beide Organisationen sind sowohl im Rat der Religionen als auch am Runden Tisch der Religionen vertreten. Dabei gehört nicht viel dazu, der fragwürdigen Ideologie, die in diesen Organisationen vertreten wird, auf die Spur zu kommen. Sowohl das BgA-Kassel als auch das AK Racoons haben zum Thema recherchiert und Statements veröffentlicht. Auch die hiesige Presse die HNA hat jüngst kritisch angemerkt (HNA-02-02-17-hetze-gegen-juden), dass innerhalb der DITIB Haß auf Christen und Juden durchaus gängig ist, gleichwohl wird auch dort immer wieder die Bereitschaft zum Dialog geworben.

Die Ideologie, die von DITIB und Milli Görüs verbreitet wird, hat unmittelbar etwas mit den politischen Verhältnissen in der Türkei zu tun. Dort ist seit dem 20.1.2017 alles vorbei. Das türkische Parlamant hat mit den Stimmen von Edogans AKP und der Mehrheit der Abgeordneten der nationalchauvinistischen MHP – zusammen 80 % der Abgeordneten – für die Errichtung einer Präsidialdikatatur gestimmt. Damit hat sich im Grunde wenig geändert, denn die Präsidialdiktatur, ist schon seit 10 Jahren im Vormarsch und seit dem Putschversuch vom 16.7.16 faktisch, wenn auch nicht „rechtlich“, Realität. Doch auch schon bevor die AKP in der Türkei die Mehrheit in den Parlamentswahlen erlingen konnte und Erdogan zum Präsidenten gewählt wurde, wiesen die Verhältnisse in der Türkei auf das hin, was jetzt zu beobachten ist.

Es soll nicht darum gehen, eine ermüdende Aufzählung der Schrecknisse nach der Putschnacht zu präsentieren, denn zur Aufklärung über das, was im ganz nahen Osten vor sich geht, trägt das nicht viel bei. Vielmehr soll in dem Vortrag Charakter und Entstehung des türkischen Islamfaschismus’ aus dem Geist und der Praxis der kemalistischen Republik erklärt werden. Denn so bitter es ist, viele von denen, die als die nächsten Opfer des unaufhaltsamen Durchmarsches des einfachen Volkes unter seinem geliebten Führer schon feststehen, haben am Untergang einer Republik, in der es nie selbstbewusste Bürger gegeben hat, fleißig mitgewirkt. Kaum ein türkischer Sozialdemokrat oder Linker würde zugeben, dass der selbstbewusst und aggressiv Türkentum geheißene Nationalstolz, an dem keiner rühren mag, auf dem Genozid an den Armeniern 1916 genauso wie den Massenmorden an vor allem Griechen in den Jahren 1920 bis 1923 aufruht. Im Gegenteil: Wenn einer die Gründungsverbrechen auch nur benennt, kommt es zum ganz großen Schulterschluss, dann gibt es keine Parteien mehr, sondern nur noch Türken. Zuletzt war es am 17.1.2017 wieder so weit:

„Am fünften Tag der Marathondebatte um die Verfassungsänderungen trat Garo Paylan von der prokurdischen Partei HDP ans Rednerpult, um für eine pluralistische Demokratie zu plädieren: „Kollegen, zwischen 1913 bis 1923 haben wir vier Völker verloren – die Armenier, die Griechen, die Assyrer und die Juden. Sie sind aus diesem Land vertrieben worden, mit Massakern und mit einem Völkermord. Liebe Kollegen…“ Dann musste er seine Rede wegen der vielen Unmutsbekundungen und Zwischenrufe unterbrechen. „In diesem Land hat es nie einen Völkermord gegeben“, schrien Abgeordnete aus den Reihen der islamischen Regierungspartei AKP und der nationalistischen MHP ebenso wie Vertreter der kemalistischen CHP, die sich als sozialdemokratisch versteht. „Hören Sie auf, die Geschichte dieser Nation zu beleidigen!“, brüllte ein Abgeordneter. Schließlich schaltete sich Sitzungspräsident Ahmet Aydin ein: „Kollege Paylan, bitte berichtigen Sie Ihre Worte. Es hat keinen Völkermord gegeben.“
Beschwichtigend wandte sich Paylan abermals an das Plenum. „Sehen Sie mal, Kollegen, wir Armenier waren früher 40 Prozent der Bevölkerung, heute sind wir 0,1 Prozent, irgendetwas muss uns doch passiert sein!“, beschwor er das Parlament. Aber er wurde wieder niedergebrüllt. „Herr Paylan, passen Sie auf, was Sie sagen“, herrschte Parlamentsvize Aydin den Armenier an. „Ich habe Sie gewarnt: Sie dürfen hier nicht die Nation beleidigen.“ Die Sitzung wurde unterbrochen. Anschließend schloss die Volksvertretung mit überwältigender Mehrheit Garo Paylan für drei Sitzungen aus dem Parlament aus. Seine Ansprache, so beschlossen die Abgeordneten, wird aus dem Parlamentsprotokoll gelöscht.“ (Tagesspiegel, 18.1.17)

Veranstaltungsreihe: Antisemitismus hat viele Gesichter – Aspekte eines gesellschaftlichen Wahns

Artikel vom 28. September 2016

Sprüche wie „Juden raus!“, „Jude, Jude feiges Schwein, komm herunter kämpf‘ allein!“ „Judenpack!“, usw. rufen in der Gesellschaft Abscheu und Widerspruch hervor. Mit Personen, die sich so äußern, will man nichts zu tun haben. Offener und unvermittelter Judenhass wird vor allem in rechtsextremen Kreisen und bei Islamisten artikuliert. Diese sind zwar gesellschaftlich isoliert, deswegen aber nicht harmlos. Äußern sich Personen in etablierten Parteien und Verbänden in dieser Weise, folgt meistens der Rausschmiss. Ist damit alles gut? Wir denken das nicht. Nach 1945 ist offen artikulierter Antisemitismus zwar gesellschaftlich geächtet, aber deswegen nicht verschwunden.

Umfragen belegen bis heute, dass viele Bürgerinnen und Bürger Aversionen gegen Juden hegen. Antisemitische Vorurteile existieren in abgewandelter Form weiter und strukturell dem Antisemitismus entsprechende Ideologeme finden sich in allen politischen Zusammenhängen, nicht zuletzt häufig auch in linken. Insbesondere das Thema Israel führt oft zu irrationalen und wirklichkeitsfremden Meinungsbildern und ruft Emotionen hervor. Nicht selten artikuliert sich in diesem Zusammenhang auch eine, das individuelle Urteilsvermögen lahmlegende leidenschaftliche Wut. Die Wut und der Hass auf Israel sind Ausdruck des sekundären Antisemitismus und nehmen heute eine gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Stellvertreterfunktion des einst in Deutschland als Staatsräson geltenden und die gesellschaftlichen Bereiche durchdrungen habenden Antisemitismus ein.

Mit unserer Ringvorlesung wollen wir die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Antisemitismus zur Sprache bringen und diskutieren. Wir können und wollen keine Credits für den Weg zur Erlangung eines akademischen Abschlusses vergeben, sondern das kritische Denkvermögen, das Interesse zur Reflexion und die Lust zum Widerspruch anregen. Wir möchten so dazu beitragen, dem Antisemitismus, der „Negativen Leitidee der Moderne“ (Samuel Salzborn), besser entgegen treten zu können.

Unsere Veranstaltungsreihe wurde durch großzügige Unterstützung des AStA der Uni Kassel möglich.

Die Veranstaltungsreihe wird zusammen mit dem AK Antisemitismus an der Uni Kassel, dem BgA Kassel, dem Infoladen an der Halitstraße und der Unabhängigen Linken Liste Kassel LiLi organisiert.

Sie findet im Rahmen der diesjährigen Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu-Antonio-Stiftung statt.

14.10. Tagesseminar – Mideast Freedom Forum: Die Israelische Demokratie und der Nahostkonflikt; Infoladen, Holländische Str. 88, Kassel, Beginn 11.00 Uhr

Der Fokus des Seminars liegt darauf, Israel als demokratischen Staat vorzustellen, dessen jüdisch-nationale Gründungsbewegung – der Zionismus – wie andere nationale Bewegungen im 19. Jahrhundert entstanden ist und nach der Shoah in eine Staatsgründung mündete. In diesem Kontext wird auf den Konflikt mit den Palästinensern und den arabischen Staaten eingegangen und es werden dessen wichtigste Stationen (Unabhängigkeitskrieg 1948, Sechstagekrieg 1967, Intifadas und Osloer Friedensprozess) beleuchtet.

Zu dieser Veranstaltung ist eine Anmeldung per Email erforderlich: BgA_Kassel[at]gmx.de

21.10. Stephan Grigat: Antisemitismus – Zur Kritik einer Weltanschauung; Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 18.30 Uhr

Die Wurzeln des Antisemitismus reichen sowohl bis in die frühchristliche und mittelalterliche als auch islamische Judenfeindschaft zurück. Der moderne Antisemitismus unterscheidet sich jedoch von der klassischen Judenfeindschaft. Wie hängt die gesellschaftliche Verfasstheit der Moderne mit dem auch als Wahn zu erklärenden Antisemitismus zusammen und worin unterscheidet sich Antisemitismus vom Rassismus und anderen Vorurteilen und Denkmodellen der Diskriminierung? In der Veranstaltung soll es darum gehen, Kontroversen um den Begriff aufzuzeigen und aktuelle Deutungsversuche des Antisemitismus zur Debatte zu stellen.

26.10. Marius Mocker: „Antisemiten aller Länder…“ – der Hass auf Israel als Schnittpunkt von linkem und gesamtgesellschaftlichem Antisemitismus in Europa; Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Mit der Mobilisierung gegen angebliche israelische Kriegsverbrechen erreichte die zumindest operative Zusammenarbeit zwischen linken und islamistischen Antisemiten hierzulande einen ihrer Höhepunkte in den letzten Jahren. Warum Träger von irrationalen Ressentiments jeder Ausformung im Hass auf Israel immer einen gemeinsamen Nenner finden werden und welche Rolle dabei die diversen Fraktionen innerhalb der deutschen und europäischen Linke spielen, darüber soll diskutiert werden.

02.11. Martin Kloke: Zwischen Scham und Wahn: Bilder Israels in der deutschen Öffentlichkeit; Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Wie kein Land der Welt sorgt Israel für Leidenschaften in der politischen Auseinandersetzung. Weniger Beachtung in den gesellschaftlichen Debatten findet eine scheinbar positive Identifikation mit Israel in einigen neurechten, identitären, aber auch christlich-fundamentalistischen Milieus: Wie ist der Zusammenhang von Hass und Überidentifikation zu verstehen und warum wird gerade Israel so oft zum Objekt von Obsessionen?

11.11. Anna-Lena Rackwitz: Antiamerikanismus als Weltanschauung; Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Die Aversionen gegen Amerika sind ein entscheidendes ideologisches Bindeglied in den Querfronten. Bei Antiimperialisten, Friedensbewegten, Linksparteipolitikern und bei Anhängern diverser Verschwörungstheorien sowie bei Protagonisten der AfD und Pegida-Aktivisten als auch bei klassischen Nazis steht Amerika als ein halluziniertes Gegen-Europa oder wird als Antipode zu Deutschland angesehen. Wie wenig einerseits dieses Bild mit den konkreten Zuständen in den USA zu tun hat und warum gerade die USA diese Rolle in den emotional besetzten Weltanschauungen spielen, soll auf der Veranstaltung diskutiert werden.

16.11. Thomas Maul: Der Zusammenhang von Gesetz, Erlösung und Antisemitismus im Christentum. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Stünden die Christen derart im Bann des Selbstopfers, als sie sich dessen jüdisch-messianischen Sinns sowie der Dialektik von Urchristentum und Kirche mit Blick auf die Notwendigkeit rechtlicher Vermittlung in einer unerlösten Welt endlich bewusst würden, es gäbe keinen christlichen Antisemitismus mehr, es wäre das Christentum überhaupt erst bei sich selbst.

30.11. Felix Riedel: Der islamische Antisemitismus. Über die Geschichtsmächtigkeit und Folgen der Enttäuschung eines erfolglosen Missionars. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Im Koran findet man Lob und Bewunderung für die jüdischen Religionsgründer. Vor allem mit dem Zauberer Moses identifiziert sich der Prophet Mohammed. Wie beim Protestantismus überdecken jedoch rasch Enttäuschung des erfolglosen Missionars und Verschwörungsangst die Sympathie. Der Unterwerfung, Vernichtung und Vertreibung der jüdischen Stämme aus Mekka und Medina folgen Ghettoisierung und Diskriminierung in der islamischen Welt. Im 20. Jahrhundert entsteht das bis heute wirksame explosive Konglomerat aus traditionellem Chauvinismus, sekundärem Antisemitismus und Verschwörungstheorien.

14.12. Jan Rathje: No World Order – Wie antisemitische Verschwörungsmythen die Welt verklären. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Verschwörungserzählungen begleiten auch die aktuellen Krisen. „Lügenpresse“ und „Volksverräter“ sind die einschlägigen Begriffe, denen man auf Demonstrationen nicht nur rechtsextremer Bewegungen, in „alternativen“ Medien und den Sozialen Netzwerken begegnet. Die Anhängerinnen und Anhänger von Verschwörungsideologien und –mythen machen auf diese Weise deutlich, dass es sich bei den zugrundeliegenden Erzählungen eben nicht ausschließlich um Unterhaltung handelt, sondern ihnen der Wunsch nach der Vernichtung von Widersprüchen innewohnt. Funktionen und Ursachen von Verschwörungsideologien sowie gesellschaftliche Probleme, die aus ihnen erwachsen, sollen der Diskussion gestellt werden.

18.01. Laura Luise Hammel: „Wer seit hundert Jahren die Fäden zieht“ – Antisemitische Verschwörungstheorien in Protestbewegungen am Beispiel der Mahnwachen für den Frieden; Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Anfang 2014 sorgte auf deutschen Marktplätzen und Online-Plattformen eine neue Protestbewegung für Aufsehen. Mit ihrem Leitthema der Forderung nach „Frieden“ befasste sie sich etwa mit politischen und wirtschaftlichen Krisen oder der Rolle der Medien, aber auch eine Vielzahl esoterischer Einflüsse prägten die wöchentlichen Treffen der neuen Bewegung. Kritiker werfen den Mahnwachen eine Offenheit für Verschwörungsmythologie und Antisemitismus sowie die Bildung einer neurechten Querfront vor. Wie entstand die Bewegung? Wer waren ihre Protagonisten und was trieb die Anhänger an?

01.02. Merle Stöver: Korrespondenzen antisemitischer Ideologie mit feministischer Theorie und Praxis. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Raum und Zeitpunkt wird in Kürze bekannt gegeben.

Feminismus stellt eine gesellschaftliche Notwendigkeit dar und muss immer Teil einer Gesellschaftsanalyse- und Kritik sein. Doch mit Blick auf gesellschaftliche Missstände, sehen wir das Fortleben antisemitischer Ideologie, die weder vor linken Kontexten noch vor feministischen Gruppierungen und ihren Gesellschaftstheorien Halt macht. Daher gilt es zu untersuchen, ob es unter Feminist*innen bzw. im Feminismus Antisemitismus gibt und auf welche Art und Weise sich dieser äußert.

AfD und die absolute Meinung – Diskussionsveranstaltung mit David Schneider

Artikel vom 15. Mai 2016

Am 02.06.16 ab 19:00 Uhr veranstalten wir gemeinsam mit dem Bündnis gegen Antisemitismus Kassel eine Diskussionsveranstaltung im Philipp-Scheidemann-Haus Kassel, Holländische Str. 72-74.

Angesichts des Aufstiegs der AfD schwankt die Reaktion des politischen Personals der Berliner Republik zwischen Maßregelung und Beschimpfung, verlangt das ganz helle Deutschland „Notstandsgesetze gegen den Mob“ (Mely Kiyak). NS-Vergleiche florieren von der Dorfantifa bis zur Comedyshow im TV. CDU-Mann Günther Oettinger, der in schweren Zeiten nicht an Hitler, sondern an die Gefahren des Ehelebens denkt, tat kund, dass er sich „heute Nacht noch erschießen“ würde, wenn „die komische Petry“ seine Frau wäre. Oettinger steht mit diesem versuchten Witz, der in erster Linie ein alarmierendes Anzeichen für den Geisteszustand desjenigen ist, der ihn erzählt, durchaus exemplarisch für die Distanzlosigkeit und die Neigung zum Schamlos-Asozialen in der aktuellen Auseinandersetzung rund um die AfD. Dabei ist die Empörung der Demokraten erstaunlich, denn unter den Parolen der „Volkspartei des gesunden Menschenverstandes“ (Bernd Lucke) findet sich kaum eine, die nicht auch in abgeschwächter Form in den anderen Parteien auftaucht. Genutzt hat das kollektive Empören allerdings nichts. Die AfD, die als Partei zur Abschaffung des Euro angetreten ist, inzwischen aber erkannt hat, dass der Schrei nach einem Stopp der Zuwanderung und „Islamkritik“ noch besser ankommen als eurokritisches Mosern, sitzt nicht nur im Kasseler Stadtverordnetenversammlung sondern seit März 2016 in drei Landtagen.

Ob der patriotischen Szene, die sich in der AfD sammelt, mittelfristig irgendeine gesellschaftlich relevante Bedeutung zukommen wird, wie antifaschistische Rechercheteams und Politologen mit dem Arbeitsschwerpunkt „Neue Rechte“ einhellig behaupten, bleibt abzuwarten.

Entscheidend für den Erfolg der AfD ist aber nicht der Volks- und Vaterlandskitsch, sondern ihr Format. Wer wissen will, was die Partei übers Flüchtlingsthema hinaus so attraktiv macht, braucht nur einen Blick in den hauseigenen Internetfanshop zu werfen. Neben T-Shirts mit der Aufschrift „Mut-Bürger“, mit denen man sich an potentielle Käufer wendet, die nicht nur das Gespür für Peinlichkeit, sondern die Kontrolle über ihr Leben verloren haben müssen, kann man dort ein sechsteiliges Plakatset zum stolzen Volksverarschungspreis von 9,95 Euro erwerben, das die gedruckte Botschaft „Ändern Sie nicht ihre Meinung. Ändern Sie die Politik!“ beinhaltet. Die Aufforderung, die eigene Meinung absolut zu setzen, ist Seelenbalsam für den sich ausbreitenden Typus des enthemmten Subjektivisten. Das nachbürgerliche Subjekt, das es zum rechthaberischen Politisieren treibt, kompensiert seine reale Ohnmacht durch die affektive Besetzung der eigenen Meinung. Die zum Selbstzweck verdinglichte Meinung gerät mangels anderer Lustquellen inmitten des freudlosen Daseins zum triebökonomischen Dreh-und Angelpunkt des narzisstisch deformierten Individuums. Befeuert wird die verbissene und gegen jede Erfahrung abgedichtete „Allwissenheit des Trottels“ (Karl Kraus) durch die sozialen Netzwerke, wo Leute, die vor einigen Jahren noch alleine am Tresen saßen, weil ihrem Gekeife keiner zuhören konnte, nicht nur auf Gleichgesinnte treffen, sondern auch feststellen, dass die verbale Enthemmung immerhin Reaktionen provoziert.

Dass die in der Flüchtlingsdebatte aufgeführten Ängste der chronisch Besorgten oftmals nur ein Vorwand fürs Ausleben futterneidischer Aggression gegen die als Eindringlinge mit grundlegend böser Absicht befehdeten Flüchtlinge ist, heißt unterdessen nicht, dass zur Beunruhigung kein Anlass bestünde. Angesichts der genauso planlosen wie stimmungsabhängigen Integrationspolitik und eines parteiübergreifenden Kulturrelativismus, der sich drastisch im moralisch korrupten Rankumpeln an den Islam zeigt, ist nicht auszuschließen, dass von den jährlich Hunderttausenden, die aus islamischen Ländern hierher kommen, etliche als personeller Nachschub für die islamischen Parallelgesellschaften fungieren. Wo die berechtigte Aversion gegen die AfD dazu führt, dass zur weitaus größeren Bedrohung durch den Islam geschwiegen oder antirassistisch rumgeeiert wird, schlägt sie um in offenen Aufklärungsverrat.

David Schneider ist Autor der Berliner Zeitschrift Bahamas.

Schiitische Sticker in Kassel

Artikel vom 07. März 2017

Seit dem 24.02. fanden sich an mehreren Orten in Kassel Aufkleber mit islamischer Symbolik, wobei uns bisher die Stadtteile Wesertor, Wilhelmshöhe, Bettenhausen, Stadt Mitte und Nord (unter anderem auf dem Campus der Universität) bekannt sind.
Die arabischen Worte in grüner Schrift bedeuten etwa „Islamische Einheit“, was auch als Ummah – die religiöse Gemeinschaft aller Muslime – übersetzt werden kann. Im Zentrum steht das islamische Glaubensbekenntnis „Schahāda“ : „Es gibt nur einen Gott, Allah und Mohammed ist sein Prophet.“ Unten ist das Zweiklingen-Schwert „Zulfiqar“ abgebildet. Bei den Schiiten und Aleviten ist das Schwert ein populäres Symbol des Widerstandes und der Identifikation mit der Schia, der zweitgrößten Konfession des Islam, wobei angesichts der sonstigen Symbolik ein alevitischer Hintergrund in diesem Fall unwahrscheinlich ist.
In der Innenstadt wurde derweil ein frisches Graffiti mit ähnlich anmutendem Inhalt gesichtet, das auffordert: „Vereint euch, ihr Diener Allahs!“
Ob dieses mit den Aufklebern zusammenhängt, sich hinter den Aktionen eine funktionierende Struktur verbirgt und wie die Verursacher die „Islamische Einheit“ verstehen, ist noch unklar. Dennoch ist Aufmerksamkeit geboten, wenn in Kassel auf derart offensive Weise islamische Propaganda verbreitet wird, auch vor dem Hintergrund, dass die Verwendung moderner Medien gut in ein islamistisches Konzept passt. So wurden bereits vor knapp zwei Jahren immer wieder ISIS-Sticker, vor allem in der Nordstadt, verklebt, auch damals tauchten zusätzlich ISIS-Sprühereien auf. Dass ein direkter Zusammenhang zum aktuellen Fall besteht, ist jedoch unwahrscheinlich, da ISIS sunnitisch verortet ist.

Wir sind für jeden Hinweis dankbar, sowohl bezüglich genauer Fundorte der Aufkleber, als auch für weitere inhaltliche Erklärungen. Informationen lässt man uns bestenfalls über unser verschlüsseltes Kontaktformular zukommen.

Aktionen der „Identitären Bewegung“ in Kassel

Artikel vom 22. Dezember 2016

Am vergangenen Samstag kam es erneut zu einer öffentlichen Aktion der „Identitären Bewegung“ in Kassel.
Die IB ist eine sich modern gebende Organisation, die dem Spektrum der neuen Rechten zugerechnet wird. Nach der Gründung in Frankreich formierten sich Ableger in mehreren europäischen Nachbarstaaten. Einen ausführlichen Artikel zur IB findet ihr im Antifaschistischen Infoblatt #97.
Ende Oktober gründete sich in Nordhessen eine Gruppe der „Identitären“. Neben einem Stammtischtreffen wurde sich am Kasseler Wahrzeichen „Herkules“ mit Fahnen und einem Transparent für ein kurzes Foto in Szene gesetzt. Selbiges erschien wenig später auf der Seite der „Identitären Bewegung Hessen“ auf Facebook, die ursprünglich die Seite der IB Fulda war und umbenannt wurde. Auch zum Gründungstreffen in Kassel waren Aktivisten der IB-Ortsgruppe aus Fulda anwesend.


Identitäre am Herkules

Seit einiger Zeit mehren sich Schmierereien und Aufkleber der IB in verschiedenen Stadtteilen Kassels, wie etwa in der Südstadt, im Vorderen Westen oder Wehlheiden, wo Anfang Dezember auch Flyer mit der Aufschrift „Sichere Grenzen – sichere Zukunft“ und „Integration ist eine Lüge!“ verteilt wurden.
Die jüngste Aktion ereignete sich in der Kasseler Fußgängerzone und steht in Verbindung mit einer zeitgleich in Gießen stattfindenden Aktion. Vom Parkdeck eines Einkaufszentrums wurden ein Banner mit der Aufschrift „Islamisierung – nicht mit uns“ gezeigt und Flyer geworfen. Laut Eigenaussage beteiligten sich dabei auch AktivistInnen der IB aus Thüringen.


Aktion in der Kasseler Innenstadt

Falls ihr weitere Informationen zu Personen oder den Aktionen selbst habt, meldet euch bei uns!

Zur kommunistischen Kritik der islamischen Konterrevolution

Artikel vom 06. Dezember 2016

Als wir vor einem halben Jahr anlässlich des Anschlags auf den Club in Orlando in einem kurzen Flugblatt auf den notwendigen Zusammenhang von Islam und Homophobie hinwiesen, war die darauf folgende Empörung in der sich als linksradikal verstehenden Szene in und um Kassel groß und die positive wie negative Resonanz im Internet durchaus beachtlich. Es wurde deutlich, dass großer Gesprächsbedarf zu einem Phänomen besteht, welches in weiten Teilen der Linken massiv unterrepräsentiert ist und oftmals nicht als linksradikales Themenfeld betrachtet wird. Dabei sollte eigentlich mittlerweile auf der Hand liegen, dass der politische Islam der kommunistischen Emanzipation ebenso diametral entgegensteht, wie der Neonazismus. Darauf machen einzelne Genossinnen und Genossen sowie Zusammenhänge schon seit Jahren und Jahrzehnten aufmerksam. Wir erfinden im Folgenden also keineswegs das Rad neu, sondern versuchen vielmehr, in eine Kerbe zu schlagen, die noch lange nicht tief genug ist.
Wir werden uns dafür den Koran ansehen, aber auch Bezüge zur Gegenwart herstellen. Der Koran als Grundlage der Ideologie wird von Muslimen als allgemeingültiges und unabänderbares Wort Gottes behauptet und enthält Mechanismen, welche dessen Reflexion aktiv verbieten. [1]
Dass der Islam für Kommunisten weiterhin nur Gegenstand der Kritik, die nach Marx „nicht widerlegen, sondern vernichten will“ [2], sein kann und für hessische Antifastrukturen dringend zum Arbeitsfeld werden sollte, sei also im Folgenden erläutert.

„Das, was noch über die Identifikation der Menschen mit bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen hinausgeht, worin sich die verlängern, ist die Identifikation mit dem Tod. Und utopisches Bewusstsein meint ein Bewusstsein, für das also die Möglichkeit, dass die Menschen nicht mehr sterben müssen nicht etwas Schreckliches hat, sondern im Gegenteil das ist, was man eigentlich will.“
Theodor W. Adorno im Gespräch mit Ernst Bloch [3]

„Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod!“
al-Qaida [4]

Was al-Qaida 2004 so grausam treffend nach den Anschlägen in Madrid auf den Punkt zu bringen vermochte, eignet sich auch, die jüngeren Attacken, wie in Paris oder Orlando zu charakterisieren, welche immer Angriffe auf die westliche Lebensfreude und bürgerliche Freiheit darstellten. Die Wurzel für diese Aversion gegen das Leben, welche ihren Kulminationspunkt im Selbstmordanschlag findet, ist derweil nicht einfach Produkt irgendeiner dem eigentlichen Islam äußerlichen „Radikalisierung“, wie Linke sich das gerne selbst glauben machen, um der theoretischen Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen und das Problem (einzig) zu einem der Psychopathologie zu verklären, sondern vielmehr in der islamischen Ideologie angelegt.
„Und das irdische Leben ist nur ein trügerischer Nießbrauch. Wetteilet miteinander zur Verzeihung eures Herrn und zum Paradies.“ [5]
Das Leben des muslimisch-gläubigen Subjekts im Hier und Jetzt ist geprägt von Widersprüchen und Entsagungen. Während einerseits die erste Natur mit ihrer Triebhaftigkeit unüberwindbar im Inneren pocht, sieht die islamische Mehrheitsgesellschaft auch abseits islamistischer Extremisten keine Möglichkeit der Triebsublimierung bzw. -zivilisierung vor. Sobald Jungen und Mädchen die Pubertät erreichen, werden sie zwecks der islamischen Geschlechtsapartheid voneinander getrennt, ihre Leben so eingerichtet, dass es möglichst wenig Berührungspunkte gibt oder mit anderen Methoden, wie zum Beispiel der Desexualisierung der Frau durch Verschleierung, drangsaliert. Ziel ist hierbei unter anderem die Triebunterdrückung und das Verhindern des Auslebens und Ausprobierens sexueller Gelüste. Auch andere weltliche Genüsse, welche als ausschweifend, lustvoll und damit „unrein“ wahrgenommen werden, wie Alkohol [6], Popmusik [7] oder Tanz [8] gelten als haram, stellen gleichzeitig jedoch auch Verlockungen dar, welchen das islamische Subjekt, je nach eigenen Lebensumständen (Westliche oder islamische Gesellschaft, Abhängigkeitsverhältnisse in der Familie usw.) nicht immer oder nur mit Anstrengung widerstehen kann. Es befindet sich also in einem Zustand, in dem es sich angesichts der schieren Unmöglichkeit (vor allem für junge Muslime in westlichen Ländern), den perfiden Reinheitsgeboten in jeglicher Lebenslage nachzukommen, stets mit dem eigenen schlechten Gewissen konfrontiert sieht, während gleichzeitig ein gnadenloser und willkürlich urteilender Gott [9] droht und die Angst vorm Höllenfeuer allgegenwärtig ist. Diese treibt das Subjekt dazu, permanent nach innen den „großen Djihad“ [10] gegen sich selbst zu führen, also die eigenen Gelüste und Triebe abzuwehren bei gleichzeitiger Projektion eigener Anteile auf ein Äußeres, wie zum Beispiel die westliche Gesellschaft, an dem diese dann bekämpft werden.
Den Druck und die Entsagungen, die man sich selbst zumutet, hält man derweil aus mit der Hoffnung aufs Paradies, welches gezeichnet ist durch Bequemlichkeit, üppige Speiseangebote, großäugige und -busige Jungfrauen und eine Existenz abseits der ständigen Vorwürfe und des Rechtfertigungszwanges.
„Sie sind die (Allah) Nahegebrachten, in Gärten der Wonne. […] auf durchwobenen Polstern, sich lehnend einander gegenüber. Die Runde machen bei ihnen unsterbliche Knaben mit Humpen und Krügen und einem Becher von einem Born. Nicht sollen sie Kopfweh von ihm haben und nicht in Trunkenheit geraten. Und Früchte, wie sie’s begehren, und großäugige Huris (Jungfrauen) gleich verborgenen Perlen als Lohn für ihr Tun. Sie hören kein Geschwätz darinnen und keine Anklage der Sünde; nur das Wort: ‚Frieden! Frieden!‘“ [11] „Gartengehege und Weinberge (Jungfrauen) mit schwellenden Brüsten.“ [12]
Das Paradies soll über all das Leiden und all den Verzicht im Diesseits hinwegtrösten, die vormals verdrängten Triebe können endlich ausagiert werden und niemand bezichtigt einen dabei der Sünde. Bei einem System, welches das Leben derart negiert und auf die vergleichsweise hedonistische und offene Lebensweise der westlichen Gesellschaften mit destruktivem Neid blickt, bei gleichzeitiger Eröffnung der Perspektive auf ein Paradies, welches alles bietet, wonach sich das islamische Subjekt sehnt, verwundert es kaum, dass der Selbstmordanschlag im Namen Allahs eine attraktive Abkürzung dartellen kann. Das gequälte Subjekt bekommt so die Möglichkeit, ein Leben unter ständigen Gewissensbissen, der allgegenwärtigen Angst vor der Verderbtheit und den Verlockungen der weltlichen Genüsse einzutauschen gegen die Erlösung im Märtyrertod. Seine Legitimation erfährt der Märtyrerkult, der sich auch abseits terroristischer Gruppierungen in der islamischen Welt großer Beliebtheit erfreut [13], derweil ebenso im Koran: „So sollen denn diejenigen auf Allahs Weg kämpfen, die das diesseitige Leben für das Jenseits verkaufen. Und wer auf Allahs Weg kämpft und dann getötet wird oder siegt, dem werden Wir großartigen Lohn geben.“ [14]; „Und wähnet nicht die in Allahs Weg Gefallenen für tot; nein, lebend bei ihrem Herrn, werden sie versorgt. […] und von Freude erfüllt über die hinter ihnen, die sie noch nicht eingeholt (haben), dass keine Furcht über sie kommen wird und sie nicht trauern werden.“ [15, 16]
Der im Namen Allahs Gestorbene ist also nicht zu betrauern, sondern vielmehr zu beneiden. Die eigene Auslöschung, die für den Menschen das Furchtbarste bedeutet, wird zum heldenhaften Akt und Wegbereiter ins Paradies, entsprechend wird der Wert des Lebens annulliert.
Damit wird die islamische Ideologie zum konterrevolutionären Antagonisten der Bewegung, die wir nach Marx „Kommunismus“ nennen, der Utopie, welche sich nach Adorno nicht ohne die Abschaffung des Todes denken lässt.
Doch neben der Todesapologie finden sich auch weitere entscheidende Elemente der islamischen Ideologie, die konträr zu jeglicher Emanzipation stehen. So lässt sich an der islamischen Sexualmoral nicht nur ihre Lustfeindlichkeit belegen, sondern vor allem auch die ihr inhärente Misogynie. Frauen in islamischen Gesellschaften kommt eine grundsätzlich passive Rolle zu, sie dürfen keine eigene Sexualität besitzen, sondern sind vielmehr dazu verdammt, die Gelüste des Aktiven, also des Ehemannes, zu befriedigen: „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. So kommt zu eurem Saatfeld, wann und wie ihr wollt.“ [17] Außerehelicher Geschlechtsverkehr ist Männern und Frauen gänzlich untersagt. [18] Ersteren jedoch ist der Beischlaf mit, oder eher: die Vergewaltigung von Sklavinnen und Kriegsgefangenen durch den Koran gestattet: „Und (verboten sind euch) von den Frauen die verheirateten‘, außer denjenigen, die eure rechte Hand besitzt (Sklavinnen oder Kriegsgefangene). (Dies gilt) als Allahs Vorschrift für euch.“ [19] Wenn also Anhänger des „Islamischen Staats“ zwölfjährige Jesidinnen vergewaltigen, um nach eigener Aussage „Gott näher zu kommen“, [20] stellen sie damit wohl selbst für den archaischen Islam ein extremes Beispiel dar – können sich dabei aber dennoch auf den Koran berufen.
Wartet die Frau hingegen nicht mit ausreichender Gehorsamkeit auf, ist ihrem Mann gestattet, sie zu schlagen: „Die rechtschaffenen Frauen sind gehorsam und sorgsam in der Abwesenheit (ihrer Gatten), wie Allah für sie sorgte. Diejenigen aber, für deren Widerspenstigkeit ihr fürchtet – warnt sie, verbannt sie aus den Schlafgemächern und schlagt sie.“ [21] Eine Praxis, welche sich auch heute in islamischen Gesellschaften und Communities noch einiger Beliebtheit erfreut. [22]
Das prominenteste Mittel zur Kontrolle von Mädchen und Frauen stellt dabei die Verschleierung dar, bei Musliminnen in der westlichen Welt meist in Form des Kopftuches. Historisch ist sie auf den Versuch zurückzuführen, die Frauen des Propheten Mohammed vor sexueller Belästigung zu schützen. „O Prophet, sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihrem Überwurf über sich herunterziehen. Das ist eher geeignet, daß sie erkannt (als freie, ehrbare Frauen) und so nicht belästigt werden.“ [23] Im Laufe der Zeit wurde schließlich darüber hinaus unter Omar, dem zweiten Kalifen des Islam, Sklavinnen das Tragen des Schleiers untersagt. [24] Auf diese Weise ließen sich die ‚freien‘ Frauen von den ‚vogelfreien‘ unterscheiden, das Prinzip der Unterteilung von ‚ehrenhaften‘ und ‚unehrenhaften‘ Frauen kommt hier zu seiner Manifestation. Durch das Mantra der Frau, welche durch ihre Kleidung verantwortlich für ihr zugefügte sexuelle Gewalt sei – welches westliche Feministinnen in der Regel zurecht ablehnen – vor dem Hintergrund des Islam in ihrer Rolle als potentielle Dhimmis hingegen immer häufiger geflissentlich übersehen [25] , wird die Grundlage für den Übergriff auf ‚unehrenhafte‘, also nicht verschleierte Frauen geschaffen. Das Bild der ‚deutschen Schlampe‘ [26] (das oftmals auch anwendbar auf unverschleierte Frauen jeglichen Hintergrunds ist), welches seinen Ausdruck in besonders drastischer Form in der Silvesternacht in Köln gefunden hat, ansonsten jedoch Alltag [27] geworden ist, wird dabei, ob gewollt oder nicht, von jeder einzelnen Kopftuch oder Übleres tragenden Muslimin reproduziert.
Aus der oben genannten aktiven Rolle des Mannes lässt sich derweil auch der islamische Hass auf die Homosexualität ableiten. Da Sexualität im Islam nicht anders als durch männliche Dominanz gedacht werden kann, ist gleichgeschlechtlicher, auf Liebe basierender, Sex von vornherein undenkbar, bedeutete er doch, dass sich zumindest ein Part der Passivität hingeben würde. „Ihr laßt euch doch wahrlich in Begierde mit den Männern ein anstatt mit den Frauen. Aber nein! Ihr seid maßlose Leute.“ [28] Folglich sieht das islamische Recht schwere Strafen für Homosexualität vor, die sich je nach Rechtsgelehrtem unterscheiden, oftmals jedoch auf die Ermordung der Beteiligten hinauslaufen. [29] Entsprechend zieht sich Homophobie durch die gesamte islamische Gesellschaft. So ergab eine Studie des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung ‚WZB‘ im Jahr 2013, dass fast 60% der befragten europäischen Muslime keine homosexuellen Freunde haben möchten – bei den Christen waren es etwas über 10%. [30] Gegenüber dem US-Amerikanischen Meinungsforschungsinstitut ‚Pew Research Center‘ gaben im Jahr 2011 lediglich 39% der amerikanischen Muslime an, dass die Gesellschaft Homosexualität respektieren sollte – während 58% der Gesamtbevölkerung entsprechend abstimmten. [31] In islamisch dominierten Ländern fallen die Ergebnisse derweil noch weitaus drastischer aus. Dass homosexuelles Verhalten falsch sei, unterschrieben laut Pew Research Center 85% der türkischen Muslime, 91% der tunesischen Muslime sowie 97% der libanesischen Muslime. Die Zahlen für die restlichen Länder der islamischen Welt fallen dabei nicht weniger bedenklich aus. [32]
Während der politische Islam also die Verhältnisse nicht bloß affirmiert, indem er ein positives Aufgehen der Menschen vor dem Tod verhindert, sondern darüber hinaus auch die Errungenschaften der Aufklärung und damit die westlichen Errungenschaften bekämpft, bleibt uns als Kommunistinnen und Kommunisten nichts, als den Islam zu bekämpfen. Während der politische Islam die bürgerliche Gesellschaft negativ aufzuheben versucht, streben wir nach einer dialektischen Aufhebung der bürgerlichen Gesellschaft, wobei wir nach Hegel von der dreifachen Bedeutung des Wortes ‚aufheben‘ ausgehen: Im Sinne von ‚liquidieren‘, da der Kapitalismus in seiner Krisenhaftigkeit selbst das faschistische Potential reproduziert und die wirkliche Emanzipation des Menschen überhaupt erst in einer Welt möglich wird, in der die „Dinge um der Menschen willen da sind und nicht die Menschen um der Dinge willen“ (Theodor W. Adorno). [33] Also in der kommunistischen Weltgemeinschaft, zu welcher die Verhältnisse mit weiterer Bedeutung des Wortes ‚aufheben‘ ‚aufgewertet‘ werden müssen. Doch nicht zuletzt auch im Sinne vom ‚Bewahren‘ der bürgerlichen Errungenschaften, die überhaupt erst eine kommunistische Kritik ermöglichen, indem sie den Subjekten Rechtsgleichheit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, das Recht auf freie Entfaltung und ein Leben unabhängig von unmittelbaren [34] Abhängigkeitsverhältnissen sichern.

Islamkritik als Arbeitsfeld der radikalen Linken
Wir als radikale Linke sehen uns demnach in der Aufgabe, den Islam zu kritisieren, den realen Auswüchsen dieser entgegenzuwirken und das Thema aus einer kommunistischen und antifaschistischen Perspektive zu besetzen. Der Begriff ‚Islamkritik‘ steht zur Zeit in der öffentlichen Wahrnehmung meist synonym für Ideologie und Akteure der aufkommenden völkischen Rechten und nicht für eine fundierte Kritik am Islam als politische Ideologie.
Tatsächliche Kritik aber zielt ihrem Wesen nach auf ein rationales und argumentativ unterlegtes Durchdringen eines Gegenstandes und dementsprechend auf das Aufbrechen irrationaler Ressentiments. Rechte ‚Islamkritik‘ zielt hingegen meist auf das Aufrechterhalten von Ressentiments und nicht auf deren Überwindung. Der Begriff ‚Islamkritik‘ muss deswegen aus linksradikaler Perspektive besetzt und – wie es schon einige Genossinnen und Genossen tun – in die Öffentlichkeit getragen werden.
Dass über linksradikale Islamkritik der europäische Rechtsruck und das Aufkommen rassistischer Bewegungen bestärkt werden könnte, entbehrt jeglicher Grundlage; denn die völkische Rechte bedient sich zwar einiger Argumente wirklicher Islamkritik, nutzt diese aber in der Regel instrumentell und verliert das Interesse schnell, sobald die Gräueltaten im Namen des Islam außerhalb Europas begangen werden. Der Islam wird in rassistischer Manier mit Migranten oder Flüchtlingen in eins gesetzt, eine tatsächliche Kritik an Religion und politischer Ideologie des Islam verfließt somit zu ressentiment-geladenem Rassismus, welcher die derzeit am dominantesten auftretene Erscheinungsform darstellt. Eingeforderte Frauenrechte durch die AfD oder das Anprangern von Homophobie seitens PI-News erscheinen selbst bei nur oberflächlicher Betrachtung des Contents der politischen Rechten fadenscheinig. Mit der öffentlichen Besetzung des Themas durch die radikale Linke ergibt sich eine Alternative zur kulturrelativistischen Islamverharmlosung auf der einen Seite und der Vereinnahmung durch die politische Rechte auf der anderen, womit man letzterer die Deutungshoheit nehmen und sie somit schwächen würde.
Die Gruppe ‚Aktion 3. Welt Saar‘ bezeichnet Islamkritik unter heutigen Bedingungen als „die Analyse aktueller mit dem Islam gerechtfertigter Herrschaft, Unterdrückung und Verfolgung.“ [35] Dieser Islamkritik werden fundamentalistische Strukturen wie etwa die Scharia-Staaten Saudi-Arabien und der Iran oder djihadistische Mörderbanden wie Boko Haram, der „Islamische Staat“, die Hamas und Al Quaida zugerechnet.
Doch nicht nur offensichtlich fundamentalistische Staaten und Gruppierungen sollten dabei in den Fokus kommunistischer Kritik geraten, auch vermeintlich tolerante Organisationen des Mehrheitsislam wie der Moscheeverein DİTİB (‚Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion‘) müssen als islamisch-politische Gruppierungen kritisiert werden. In der Eigendefinition beschreibt DİTİB sich als „eine Überparteiliche [sic] Organisation und verbietet jede Art von parteipolitischer Aktivität in den Vereinsräumen. Sie legt Wert auf Freundschaftlichkeit, Achtung, Nachsicht, Toleranz und Solidarität der Menschen untereinander und gegenüber anderen Glaubensangehörigen. Diese Eigenschaften stimmen auch mit den Grundsätzen des Islam überein. Jede Art von Gewalt und Aufruf zur Gewalt wird abgelehnt.“ [36] Aber die Realität sieht anders aus. DİTİB ist dem türkischen Ministerium für Religionsangelegenheiten und somit direkt der protofaschistischen Partei AKP in der Türkei unterstellt, in den Moscheen des Dachverbandes predigen AKP-Treue Imame mit Inhalten, die aus der Türkei vorgegeben werden. DİTİB kann dementsprechend als Lobbyorganisation der Türkei und des türkischen Staatsislams betrachtet werden. [37] Dass dort nicht nur Toleranz, Achtung und Freundschaftlichkeit gepredigt werden, zeigen bundesweite Fälle verschiedener DİTİB-Vereine. So wurde in einer Predigt einer Berliner DİTİB-Moschee der Märtyrertod („Selbst die Paradiesbewohner blicken mit wohlwollendem Neid auf den Rang derer, die ihr Leben für Allah ließen.“ [38]) glorifiziert. Bereits 2015 sind mehrere Mitglieder einer DİTİB-Moschee in Dinslaken für den Djihad nach Syrien ausgereist, während gleichzeitig auf einer Website von DİTİB in Dresden behauptet wird, dass der israelische Geheimdienst hinter dem ‚Islamischen Staat‘ stehe. [39]

Webpräsenz der Berliner DİTİB-Moschee

Es lässt sich also feststellen, dass es verschiedene Ausprägungen gibt, die unter dem Sammelbegriff Islam vereinbar sind, die sich auf den Islam als gemeinsame Ideologie und als Selbstverständnis beziehen. Darunter gewiss auch einige wenige tatsächlich an einem ‚moderaten Islam‘ Interessierte. Diese sind jedoch selbst in westlichen Gefilden marginalisiert und spielen für den Mehrheitsislam keine Rolle, was auch darauf zurückzuführen ist, dass Muslime salafistischer Prägung ihrer eigenen Ideologie deutlich näher sind, als die wenigen gutmeinenden ‚Reformmuslime‘. [40]
Sicherlich sind auch Mehrheitsislam und djihadistischer Islam in der realen Erscheinungsform und ihrer Umsetzung different, was sie eint sind jedoch Reaktion und Antiemanzipation.
Wenn wir von islamischer Ideologie – die sich in beiden genannten Erscheinungsformen widerspiegelt – schreiben, beziehen wir uns in erster Linie auf eben jene Ideologie. Menschen muslimischen Glaubens als Träger dieser Ideologie können in dieser Rolle folglich auch zum Gegenstand der Kritik werden. Eine Ideologiekritik bedeutet hingegen nicht, die Ideologie mit allen Menschen muslimischen Glaubens in eins zu setzen.
Eine kommunistische Kritik soll demgegenüber die Grundfeste des Islam mit seinen Strukturen angreifen und den Weg zur menschlichen Emanzipation ebnen.

„Befremdlich ist es nicht, wenn Linke den Islam kritisieren, sondern wenn sie es nicht tun.“
Aktion Dritte Welt Saar [41]

Zur Situation in Kassel
Auch in Kassel und dem nordhessischen Umland ist die islamische Reaktion vielfältig. Von islamischen Dachverbänden, über salafistische Organisierung bis hin zu Aktionen für den ‚Islamischen Staat‘ ist eine ganze Bandbreite kritikwürdiger Ausdrucksformen der islamischen Ideologie präsent.
In Kassel sind in den letzten Jahren mehrere Fälle von unorganisiert wirkenden Sympathiebekundungen gegenüber dem ‚Islamischen Staat‘ bekannt geworden, an mehreren Stellen – auch an einem schiitischen Kulturverein – sind Schriftzüge wie „IS“, „ISIS“ und „ISLAMIC STATE“ angebracht worden, in verschiedenen Stadtteilen sind Sticker einer schwarzen Spinne mit dem Logo des IS auf dem Leib aufgetaucht. [42,43]

ISIS-Propaganda in Kassel

Auch sind Sticker der salafistischen Gruppierung ‚DawaFFM‘ in der Nähe einer Millî Görüş Moschee in Kassel Mitte festgestellt worden. [44,45] Bereits 2009 fand in Kassel eine antisemitische Demonstration unter Beteiligung der Friedensbewegung und Millî Görüş statt, von der aus israelsolidarische Genossen angegriffen wurden. [46] 2014 kam es deutschlandweit erneut zu antisemitischen Demonstrationen; auch in Kassel sind deutlich über tausend Menschen unter „Allahu Akbar“-Rufen und mit Hamas- und ISIS- Symbolik durch die Innenstadt marschiert. [47] Doch neben diesen Aktionen sind auch mindestens sechs konkrete Fälle von Personen aus Kassel bekannt geworden, die nachweislich für den ‚heiligen Krieg‘ nach Syrien gereist sind, genaue Zahlen für Ausreisende aus dem Raum Nordhessen will das LKA Hessen nicht nennen. [48] Ein medial besonders aufgearbeiteter Fall zeigt zwei Jugendliche, die nicht durch familiäre Strukturen islamisch sozialisiert wurden, sondern dem Vater zufolge in einem somalischen Kulturverein im Öhlmühlenweg 5 im Kasseler Osten ideologisiert und geworben wurden und schließlich 2014 im Alter von 17 und 21 Jahren nach Syrien ausgereist sind, um dort für den ‚Islamischen Staat‘ zu kämpfen. [49]
Auch Moscheen in Nordhessen weisen immer wieder Verbindungen zu islamistischen und salafistischen Gruppierungen auf. So beteiligte sich beispielsweise die in der Josephstraße 5 ansässige Al-Huda-Moschee neben der Al-Rahman-Moschee (Mauerstraße 26) an der bundesweit angelegten Koranverteilung, die vom salafistischen Prediger Ibrahim Abou-Nagie im Zuge der „LIES!“-Kampagne ins Leben gerufen wurde. „LIES!“-Infostände hat es in der Kasseler Innenstadt und vor Flüchtlingsheimen im Kasseler Land wie etwa in Calden und Sontra und auch in Kassel selbst in den letzten Jahren regelmäßig gegeben, unter anderem mit Beteiligung des Initiators Abou-Nagie selbst. [50,51]

‚Lies!‘-Infostand mit Abou-Nagie in der Kasseler Innenstadt

In der Josephstraße 5 befindet sich auch das ‚Islamische Zentrum Kassel e.V.‘, wo ein Online Seminar zu Islamischer Erziehung der ‚Islamic Online University‘ – initiiert vom homophoben und islamistischen Prediger Bilal Philips – absolviert werden kann. Ziel des Seminars ist, säkulare Erziehung durch eine islamische zu ersetzen. [52]
In der oben genannten Al-Rahman-Moschee, in der bereits vor einigen Jahren Islamseminare der Szene organisiert wurden, wurde der Kasseler Walid D. radikalisiert. Walid arbeitete als Anti-Gewalt-Trainer an Schulen und anderen sozialen Einrichtungen und radikalisierte sich zeitgleich unerkannt. 2013 ging Walid nach Syrien, um auf der Seite des ‚Islamischen Staates‘ in den Krieg zu ziehen, bis er nach dem Tod seines Vaters im Dezember 2013 zurückkehrte, um seine Arbeit als Anti-Gewalt-Trainer wieder aufzunehmen. Erst knapp ein Jahr später durchsuchten die Ermittlungsbehörden wegen Rauschgiftdelikten seine Wohnung, wo neben Kleidungsstücken und einer Fahne mit dem Logo des IS, ein Sturmgewehr, eine Pistole, Macheten und Munition gefunden wurden. [53]
Die salafistische Szene in Nordhessen ist regional, bundesweit und international gut vernetzt, was auch ein Seminar mit dem Salafistenprediger Ahmad Abdulaziz A. – bekannt unter dem Namen Abu Walaa – vom 6.-8. Mai 2016 beweist. Dem Aufruf zum Seminar, welches in der Al-Madina-Moschee in der Schäfergasse 2 in Kassel-Mitte stattfand, folgten mehr als 200 Personen aus der gesamten Bundesrepublik und dem europäischen Umland. [54,55,56] Bereits 2012 und 2013 trat laut einem Forumsbeitrag und einer Aussage der Website ‚Dawa-Team Kassel‘ der Ende 2016 verhaftete Abu Walaa in Kassel auf, damals in der zuvor erwähnten Al-Rahman-Moschee. Die Kasseler Salafisten sind gut organisiert, international vernetzt und sollten in keinem Fall in ihrer Radikalität unterschätzt werden.

Forumsbeiträge zu Seminaren mit ‚Abu Walaa‘ 2012 und 2013

Eine weitere Persönlichkeit der salafistischen Prediger-Szene stützt diese These. Der Fokus rückt dieses mal in das südöstlich von Kassel gelegene Sontra, in der der Prediger Furkan Karacar – bekannt unter dem Namen Furkan bin Abdullah – ansässig ist. Dass auch in dieser hessischen Kleinstadt mit circa 8000 Einwohnern salafistische Koranverteilungen vor Flüchtlingsheimen stattgefunden haben, ist damit wohl kein Zufall. Der Salafist Karacar hält Seminare in Moscheen und Kulturvereinen zu verschiedenen Themen und stellt sein Denken in sozialen Netzwerken zur Schau. Eine mit dem Label „Im Auftrag des Islam“ versehene Grafik zeigt den Spruch „Die Lösung ist das Kalifat und keine Demokratie“, während ein weiteres Bild ihn vor einem Davidstern-Leuchter vor dem Brandenburger Tor zeigt, der für ihn das Zeichen der zionistisch durchsetzten und kontrollierten Bundesrepublik Deutschland darstellt. [57]

Prediger Furkan Karacar auf Facebook

Doch auch ein Fall mit bundesweitem Aufsehen führt zurück nach Sontra. Am 06. Mai 2012 wollten Rechtspopulisten der Splitterpartei ‚Pro NRW‘ in Bonn Karikaturen des muslimischen Propheten zur Schau stellen, woraufhin sich einige junge Salafisten am gleichen Tag in Bonn versammelten; wenig später eskalierte die Situation. Die Salafisten griffen mit Holzlatten und Flaschen Polizeikräfte an, die die Trennlinie zwischen den beiden Gruppen bildeten. Der aus Sontra stammende Murat K. stach in dieser Situation auf zwei Polizisten ein und verletzte diese dadurch schwer. Im darauffolgenden Gerichtsprozess verwies er auf eine salafistische Gruppe in der hessischen Kleinstadt, die ihn dort ideologisch gefestigt habe. [58,59]
Auch der bereits angeführte islamische Dachverband DİTİB sorgte in Nordhessen und darüber hinaus für Aufsehen. Die DİTİB-Moschee in Melsungen veröffentlichte ein Pamphlet über Juden, das kein antisemitisches Stereotyp ausließ und in dem es unter anderem hieß: „Die Juden predigen Gutes, aber hören nicht auf, Böses zu tun“ und „Die Juden sind gemein/niederträchtig“. [60] Nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 in der Türkei war es der DİTİB-Dachverband zusammen mit der AKP-Lobbyorganisation UETD („Union Europäisch-Türkischer Demokraten“) [61], der bundesweit Solidaritätskundgebungen mit islamischem und nationalistischem Charakter organisierte, auch in Kassel und mit Beteiligung türkischer Faschisten in der Organisationsstruktur. [62] An einer DİTİB-Moschee in Hagen wurden Schilder mit der Aufschrift „Vaterlandsverräter raus“ angebracht und Anhängern der für den Putsch in die Verantwortung gezogenen Gülenbewegung unter dem Zuruf „Volksverräter“ der Zutritt zu einer DİTİB-Moschee in Schwerte verwehrt. [63]

„Vaterlandsverräter raus“ an der DİTİB-Moschee

Zudem ist der islamische ‚Verband der türkischen Kulturvereine in Europa‘ (ATB) in Kassel mit einem Zentrum in der Bunsenstraße 73 vertreten. Der ATB ist das europäische Pendant zur türkischen ‚Partei der großen Einheit‘ (BBP). Die BBP ist als Spaltprodukt der ‚Partei der Nationalistischen Bewegung‘ (MHP) entstanden, ist aber ideologisch von dieser nicht weit entfernt und lässt sich zusammen mit ihr unter dem Sammelbegriff der ultranationalistischen und islamistischen Ülkücüs (Idealisten) fassen. Die BBP nutzt als Zeichen die Fahne der drei Halbmonde auf grünem Grund, symbolisch stehend für die Herrschaft über drei Kontinente auf der Basis des Islam. Diese Fahne war auch die offizielle Fahne des Osmanischen Reiches, womit sich die BBP ideologisch in die Kontinuität des Imperiums stellt. In genanntem Zentrum in der Kasseler Nordstadt wird diese Fahne des Osmanischen Reiches offen gezeigt. [64]

ATB Zentrum in Kassel. Auf dem Banner: „Unsere Ideale: Im Himmel weht die Fahne, wir beugen uns nur, wenn Allah es will.“

Das Zentrum der ATB in Kassel mit dem Namen ‚Alperenocaklari‘ hat im Sommer diesen Jahres unter anderem einen Bus zur bundesweiten Pro-Erdogan-Kundgebung in Köln organisiert, in dem türkische Faschisten mit MHP-Fahne und dem Wolfsgruß für die Kamera posierten.

Fotos aus dem Bus des ATB nach Köln

Die Liste der Organisationen und Gruppierungen, die in das Schema der Kritik passen, ließe sich noch um einiges – wie etwa die Aktivitäten der Muslimbruderschaft in Marburg [65,66] oder des türkisch-islamischen Dachverbandes ATİB [67] – erweitern. Wir haben uns aus der Region Nordhessen jedoch nur einige Beispiele ausgesucht, um exemplarisch darauf hinzuweisen, was für enormen Arbeitsbedarf es – nicht nur in Kassel oder Nordhessen – zu islamischer Reaktion und antiemanzipatorischer Organisierung gibt. Eine radikale Linke muss ihren Ansprüchen gerecht werden und die islamische Ideologie mit all ihren Ausformungen als ein maßgebliches Arbeitsfeld erkennen und dementsprechend handeln.

Ein Zentrum der Türk Federasyon in Kassel mit eindeutiger Symbolik

Zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Textes ging die Polizei in der gesamten Bundesrepublik und mehrmals auch in Kassel gegen salafistische Vereine vor. Der Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

ak:raccoons, im Dezember 2016

Quellenverzeichnis:

1. „O ihr, die ihr glaubt, fragt nicht nach Dingen, die, so sie euch kund würden, euch würden wehe tun. Und so ihr nach ihnen fragt, wenn der (ganze) Koran hinabgesandt wird, werden sie euch kundgetan werden. Allah vergibt dies, denn Allah ist verzeihend und milde.“ (Sure 5:101) [Für diese und folgende Zitate aus dem Koran wurde die Übersetzung von Max Henning bzw. Hamed Abdel-Samads ‚Der Koran. Botschaft der Liebe. Botschaft des Hasses.‘ herangezogen, der sich in den meisten Fällen auf eben diese bezieht. Klammern sind im Original enthalten.]
„O ihr, die ihr glaubt, erhebet nicht eure Stimmen über die Stimme des Propheten, und sprechet nicht so laut zu ihm wie zueinander, auf dass eure Werke nicht eitel werden, ohne dass ihr’s euch versehet.“ (Sure 49:2)
Wie in nahezu allen Belangen enthält auch hier der Koran widersprüchliche Aussagen, die das Streben nach Wissen goutieren. Das liegt vor allem daran, dass Mohammed je nach eigener Lage für ihn passende Suren formulierte. Als er anfangs verspottet wurde und kaum Anhänger um sich scharen konnte, predigte er Toleranz, während die Verlautbarungen mit steigender Macht aggresiver und intoleranter wurden. In der Frage der theologischen Reflexion einigten sich jedoch die vier islamischen Rechtsschulen bereits vor 1000 Jahren darauf, sie zu verdammen. Spätestens von da an war klar: das Wort Gottes ist endgültig und unabänderbar. Abgesehen von wenigen Vertretern, wie Ahmad Mansour, ist diese Haltung die bis heute verbreitete. (vgl. Hamed Abdel-Samad, Der Koran. Botschaft der Liebe. Botschaft des Hasses.)
2. „Krieg den deutschen Zuständen! Allerdings! Sie stehn unter dem Niveau der Geschichte, sie sind unter aller Kritik, aber sie bleiben ein Gegenstand der Kritik, wie der Verbrecher, der unter dem Niveau der Humanität steht, ein Gegenstand des Scharfrichters bleibt. Mit ihnen im Kampf ist die Kritik keine Leidenschaft des Kopfs, sie ist der Kopf der Leidenschaft. Sie ist kein anatomisches Messer, sie ist eine Waffe. Ihr Gegenstand ist ihr Feind, den sie nicht widerlegen, sondern vernichten will. Denn der Geist jener Zustände ist widerlegt. An und für sich sind sie keine denkwürdigen Objekte, sondern ebenso verächtliche, als verachtete Existenzen. Die Kritik für sich bedarf nicht der Selbstverständigung mit diesem Gegenstand, denn sie ist mit ihm im reinen. Sie gibt sich nicht mehr als Selbstzweck, sondern nur noch als Mittel. Ihr wesentliches Pathos ist die Indignation, ihre wesentliche Arbeit die Denunziation.“
Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, Einleitung
3. https://www.youtube.com/watch?v=P_YoMBdQSjY
4. http://www.spiegel.de/politik/ausland/bekenner-video-ihr-liebt-das-leben-wir-lieben-den-tod-a-290529.html
5. Sure 57:20-21
6. „Wein und Glücksspiel und Götzenbilder und Lospfeile sind ein Greuel, ein Werk Satans.“ (Sure 5:90)
7. „Nicht aller Gesang und alle Musik sind halal. Beides muss sich an die Lehren des Islam halten, um diesem Attribut zu entsprechen. […]. So sind Inhalte, die Wein und Trunkenheit, Ausschweifungen oder Lobgesänge auf Tyrannen im klaren Widerspruch zum Islam. Gleiches gilt für Musikstücke und Gesänge, die in der Art ihrer Darbietung betont lasziv, obszön und erotisch sind. Und drittens darf das Machen und Hören von Musik nicht verbunden sein mit einem Rahmen stattfinden, der mit Alkoholgenuss und Unsittlichkeit verbunden ist. Leider sei aber Musik sehr oft eben mit solchen Fehlern verbunden und deshalb vielleicht auch die pauschale Ablehnung durch so viele Gelehrte.“
Auszug aus einer Fatwa von Yussuf al-Qaradawi vom 19. November 2001
8. „Im allgemeinen ist Tanz verboten, falls er in einer Weise erfolgt, die Lust stimuliert, mit einer verbotenen Handlung verbunden ist oder eine Verdorbenheit daraus folgt“ Aus einer Fatwa von Imam Khamene‘i, übersetzt und online gestellt durch „Islamischer Weg e.V.“
9. „Hast du nicht jene gesehen, die sich selber für rein erklären? Sie können ja gar nicht aus eigener Kraft rein werden! Vielmehr erklärt Allah für rein, wen er will. Und ihnen wird nicht ein Fädchen Unrecht getan.“ (Sure 4:49)
10. „Der „größte oder große Dschihad“ ist der Kampf gegen das Böse im Herzen des eigenen Ich, die Anstrengung gegen eine niedrige Stufe der Seele, die zum Bösen gebietet [al-nafs al-ammara]. Dabei wird die innere Läuterung zur moralischen Vervollkommnung angestrebt. Mittel bei diesem schweren Einsatz sind die zahlreichen Riten des Islam, wie auch z.B. das Bittgebet und vieles andere mehr. Allheilmittel gegen Krankheiten der Seele ist unter anderem die Dankbarkeit sowie die Buße. “
Enzyklopädie des Islam eslam.de
11. Sure 56:11-25
12. Sure 78:32-33
13. https://www.audiatur-online.ch/2016/09/06/deutsches-aussenministerium-gelder-von-palaestinensischer-autonomiebehoerde-an-terroristen/
14. Sure 4:74
15. Sure 3:169-170
16. Vgl. hierzu: http://www.redaktion-bahamas.org/aktuell/Islam_is_lame.html und http://www.prodomo-online.org/ausgabe-20/archiv/artikel/n/vernichtung-und-islam.html
17. Sure 2: 223
18. „Den Gläubigen wird es ja wohl ergehen, denjenigen, die in ihrem Gebet demütig sind […] und denjenigen, die ihre Scham hüten, außer gegenüber ihren Gattinnen oder was ihre rechte Hand (an Sklavinnen) besitzt […] – wer aber darüber hinaus (etwas) begehrt, das sind die Übertreter“ (Sure 23:1-7)
„Und wer von euch nicht vermögend genug ist, gläubige Frauen zu heiraten, der heirate von den gläubigen Sklavinnen, die seine rechte (Hand) besitzt; und Allah kennt sehr wohl euern Glauben. Ihr seid einer vom andern. Drum heiratet sie mit Erlaubnis ihrer Herren und gebet ihnen ihre Morgengabe nach Billigkeit. Sie seien jedoch keusch und sollen nicht Hurerei treiben und sich keine Geliebten halten.“ (Sure 4:25)
19. Sure 4:24
20. https://www.welt.de/politik/ausland/article146734207/Darf-ich-eine-schwangere-Sklavin-verschenken.html
21. Sure 4:34
22. https://www.welt.de/vermischtes/article115427763/Mehrheit-der-Tuerken-ist-fuer-Gewalt-gegen-Frauen.html
23. Sure 33:59
24. http://www.alischirasi.de/as050126a.htm
25. Empfehlenswert dazu, Nina Scholz: „Selbstbewusste, organisierte, in den Medien präsente Hidschab-Trägerinnen stellen religiöse Kleidervorschriften als progressiv und feministisch dar.
Ein Blick in die islamische Welt und konservative muslimische Communities Europas zeigt jedoch das Gegenteil: Wo religiöse Kräfte das Sagen haben, ob mittels staatlicher Macht oder gesellschaftlichem Druck, ist für Frauen ein Kleidungsstück verpflichtend, das ihre inferiore gesellschaftliche Rolle unterstreicht.“ https://kurier.at/meinung/symbole-der-ungleichstellung/213.240.016
26. vgl. http://bazonline.ch/ausland/europa/Diese-Maenner-denken-Deutsche-Frauen-sind-Schlampen/story/22916308
27. „Am Kottbusser Tor – auch „Kotti“ genannt – seien Ereignisse wie in der Silvesternacht in Köln tagtäglich mitzuerleben, sagt Yasaroglu.“ http://www.huffingtonpost.de/2016/01/31/koeln-silvester-sexuelle-uebergriffe-berlin-auslaender-kriminell-_n_9124446.html
28. Sure 7:81
29. Siehe entsprechende Fatwas: http://islamfatwa.de/aqidah-tauhid/15-aqida-fundament-der-religion/1331-homosexualitaet-u-bedingungen-der-reue
http://www.diewahrereligion.eu/fatwah/?p=287
30. https://www.wzb.eu/sites/default/files/u252/s21-25_koopmans.pdf
31. http://www.people-press.org/2011/08/30/section-5-political-opinions-and-social-values/
32. http://www.pewforum.org/2013/04/30/the-worlds-muslims-religion-politics-society-morality/#_ftnref5
33. Adorno in „Wer denkt ist nicht wütend“, Arte
34. Während der Kapitalismus natürlich weiterhin Menschen in ökonomische Abhängigkeit versetzt, handelt es sich hier um die vermittelte Herrschaft von Sachzwängen, die Menschen dazu nötigen, um der eigenen Reproduktion willen, arbeiten zu gehen, dabei jedoch die Vertragsfreiheit wahrt und somit trotzdem einen großen Fortschritt gegenüber vorkapitalisatischen feudalen Verhältnissen darstellt. Dass die kapitalistischen Konkurrenzverhältnisse dennoch unmenschlich sind, was sich zum Beispiel am menschenverachtenden Umgang mit Hartz4-Beziehern zeigt, soll hier selbstverständlich nicht angezweifelt werden.
35. https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Ees-gibt-keine-rechte-islamkritik%E2%80%9C
36. http://www.ditib.de/default1.php?id=5&sid=9&lang=de
37. http://www.yxkonline.com/index.php/614-ditib-eine-politisch-ideologische-vorfeldorganisation-der-akp
38. http://www.ditib.de/detail_predigt1.php?id=173&amp%3Blang=de
39. http://juedischerundschau.de/ditib-antirassismus-heucheln-antisemitismus-leben/
40. http://versorgerin.stwst.at/artikel/mar-7-2016-1154/theologie-der-h%C3%B6lle
41. https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Ees-gibt-keine-rechte-islamkritik%E2%80%9C
42. https://www.hna.de/kassel/bettenhausen-ort94136/isis-waende-geschmiert-5185301.html
43. http://raccoons.blogsport.de/2015/06/29/isis-spruehereien-in-kassel-aufgetaucht/
44. Die Gruppierung „DawaFFM“ bezweckt als erklärtes Ziel die Missionierung zum politischen Islam und unterstützte in der Vergangenheit salafistische Infostände und Veranstaltungen und richtete Islamseminare aus. Zwischenzeitlich hat sich ein Ableger in Kassel gegründet, seit dem Frühjahr 2015 wurde die öffentliche Seite jedoch nicht erneuert.
45. Zur Ideologie von Millî Görüş schreiben die Genossen der Lotta: „Im Mittelpunkt steht nach außen hin zwar nicht die türkische Nation oder „Rasse“, sondern der Islam und die „Nizam Islami“ (Islamische Weltordnung). Doch hebt allein schon der Name Milli Görüs (Nationale Sicht) die Relevanz ultranationalistischer Elemente hervor. Wie bei den „Grauen Wölfen“ wird die Türkei als überlegene Nation imaginiert, die als Verbreiterin und Vertreterin des Islam fungieren soll. In dieser Vorstellung bildet das Osmanische Reich ein goldenes Zeitalter und stellt zugleich die Basis und Rechtfertigung für alle weiteren ideologischen Konstruktionen dar. Dabei beruft sich die Milli Görüs Bewegung auf eine überhistorische Wir-Gruppe, die sich gegen ihre Feinde zu Wehr setzen müsse.“ https://www.lotta-magazin.de/damals/pdf/48/l48_sp_unter_den_drei_halbmonden.pdf Die Flagge der drei Halbmonde fungiert dabei als übergeordnetes Symbol der verschiedenen Bewegungen und wird nicht nur von BBP oder MHP, sondern auch von der „Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş“ (IGMG) verwendet.
46. https://bgakasselblog.wordpress.com/unvollstaendige-chronik-des-antisemitismus-in-kasseler-und-politischer-dummheit/
47. http://raccoons.blogsport.de/2014/07/16/kasseler-zustaende-antizionistische-demonstration-erhaelt-unterstuetzung-von-links/
48. http://www.hna.de/kassel/jugendliche-kassel-angeworben-werden-nach-syrien-gehen-4824064.html
49. http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/seine-soehne-gingen-zum-is-vater-aus-kassel-sucht-in-syrien-nach-seinen-kindern-14447655.html
50. http://www.hna.de/kassel/salafismus-kasseler-moscheen-unter-beobachtung-2330621.html
51. http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/3/02493.pdf
52. https://vunv1863.wordpress.com/2015/10/31/bilal-philips-seminar-zur-islamisierung-der-erziehung/
53. http://www.focus.de/politik/deutschland/er-unterrichtete-an-schulen-doppelleben-anti-gewalt-trainer-kaempfte-fuer-is_id_4429164.html
54. https://vunv1863.wordpress.com/2016/05/01/kassel-feste-strukturen/
55. https://ojihad.wordpress.com/tag/abu-walaa/
56. https://www.hna.de/kassel/mitte-kassel-ort248256/salafisten-kamen-kasseler-moschee-6388955.html
57. https://vunv1863.wordpress.com/2016/03/13/al-kaida-in-sontra/
58. http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/salafist-murat-k-ein-messerstecher-vor-gericht-11924657-p2.html
59. https://ojihad.wordpress.com/tag/murat-k/
60. https://bgakasselblog.wordpress.com/2015/11/22/ditib-melsungen-die-lehre-ueber-den-jude
61. Die UETD stellt die Interessenvertretung der AKP im europäischen Ausland dar und hat bsp. die Solidaritätskundgebung für Erdogan im Juli in Köln organisiert. In Kassel sind UETD und DİTİB im selben Gebäude am Westring 47 in der Kasseler Nordstadt ansässig.
62. http://raccoons.blogsport.de/2016/07/17/500-tuerkische-nationalisten-demonstrieren-unbehelligt-in-kasseler-innenstadt/
63. http://www.ksta.de/koeln/guelen-anhaenger-ditib-heizt-stimmung-gegen–vaterlandsverraeter–an-24730360
64. Zur Ideologie türkischer Faschisten hat die antifaschistische Zeitschrift LOTTA schon 2012 einen umfangreichen Artikel veröffentlicht →
https://www.lotta-magazin.de/damals/pdf/48/l48_sp_unter_den_drei_halbmonden.pdf
65. Über Verstrickungen von islamischen Organisationen zur islamistischen Muslimbruderschaft berichtet der Informative Blog „Vorwärts und nicht vergessen“ → https://vunv1863.wordpress.com/2016/10/29/kaderkinder/ &
66. https://vunv1863.wordpress.com/2016/11/25/marburg-eine-stadt-liebt-die-muslimbrueder/
67. Der türkisch-islamische Dachverband „Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.“ (ATİB) ist Spaltprodukt einer Auslandsorganisation der Grauen Wölfe (ADÜTDF) und stellt sich selbst als gemäßigt dar. Dass diese Abspaltung keine ideologische Mäßigung bedeutet, zeigt ein Artikel des Blogs „Kozmopolit“ (http://www.kozmopolit.com/haziran03/Dosya/islamistenatib.html) und der Blick in die Zentren der ATİB in Kassel, wo die Flagge der drei Halbmonde auf rotem Grund neben der Flagge der BRD an der Wand hängt und mit dem Wolfsgruß für die Kamera posiert wird.

500 türkische Nationalisten demonstrieren unbehelligt in Kasseler Innenstadt

Artikel vom 17. Juli 2016

Während nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei Präsident Tayyip Erdogan von seinen Anhängern in prototypisch islamfaschistischer Manier mit „Sag es und wir töten, sag es und wir sterben.“-Rufen empfangen wurde, sammelten sich am Samstag, den 16.07. auch in Kassel türkische Nationalisten, um ihren Rückhalt für das AKP-Regime zu demonstrieren. Etwa 500 Personen folgten dem Aufruf des Dachverbands der türkisch-islamischen Moscheen DİTİB und der Lobbyorganisation der AKP, UETD, sich ab 18:00 Uhr auf dem Königsplatz zu versammeln.
Die Szenerie war gezeichnet durch ein Meer von Türkei-Fahnen, vereinzelten Portraits Erdogans und Transparenten. Viele zeigten den „Wolfsgruß“, das Erkennungszeichen der „Grauen Wölfe“ und trugen Üç Hilal-Fahnen – die drei Halbmonde eben dieser rechtsextremen türkischen Gruppierung.
Immer wieder skandierte die Menge „Allahu Akbar“, weiterhin wurden Parolen gerufen wie „Şehitler ölmez, vatan bölünmez“ – „Märtyrer sterben nicht, das Land wird nicht geteilt“, “ Bu vatan bizimdir, bizim kalacak“ – „Das Land gehört uns, wird uns bleiben“ und “ Vatan sana canim feda“ – „[Mein] Land, dir sei mein Leben geopfert“. Der Imam der Mattenberger DİTİB-Gemeinde Semih Öğrünç hat unterdessen auf der Kundgebung in einem Gebet zum Märtyrertod aufgerufen:

Der islamfaschistische Charakter, der den Erdogan-Fans in der Türkei anhaftet, findet sich also zweifelsohne auch hier wieder: der Einzelne ist nichts, das islamisch-nationale Kollektiv alles.
Für den augenscheinlichen „Schutz“ der Veranstaltung zeichneten sich derweil Mitglieder der rockerähnlichen islamistisch-nationalistischen „Osmanen Germania“ verantwortlich, die sich martialisch um die Menge herum postierten. Über Informationen zu einzelnen Mitgliedern, eventuellen Treffpunkten oder sonstigen Aktivitäten, sind wir wie immer dankbar.
Die HNA entblödete sich derweil nicht, im Vorfeld Werbung für die Veranstaltung zu machen und in ihrem Bericht ein Bild der Demonstration zu zeichnen, das euphemistischer nicht hätte ausfallen können.

 

Das Problem heißt Islam

Artikel vom 16. Juni 2016

Das folgende Flugblatt verteilten wir am 15.06. auf der Mahnwache für die Opfer von Orlando

In der Nacht zum 12.06. richtete ein Attentäter in einem besonders bei homo- und transsexuellen Menschen beliebten Club in Orlando, USA ein verheerendes Blutbad an.
Seitdem häufen sich die weltweiten Solidaritätsbekundungen, die wohl stets gut gemeint sind, jedoch nicht immer dem Gegenstand gerecht werden. Sicherlich ist es richtig, einen homophob motivierten Täter zu vermuten, doch ist es ebenso wichtig, festzuhalten, dass Omar Mateen eben nicht „einfach nur“ einen homophoben Fanatiker darstellte. Es ist mittlerweile bekannt, dass der Sohn afghanischer Einwanderer ein praktizierender Moslem war, der sich in der Tatnacht offen zum IS bekannte. Und dies ist ein entscheidender Punkt für die politische Analyse der Ereignisse und deren Einordnung in einen Gesamtkontext.
Einen Kontext, welcher sich audrückt in zehn Ländern auf der Welt, denen allen der Islam als Staats- oder dominierende Religion gemein ist, in denen die Todesstrafe auf Homosexualität steht [1]. Oder in den 33 von 36 islamisch geprägten Ländern, in denen mindestens 75% der befragten Muslime Homosexualität als moralisch verwerflich ansehen [2].
Immer wieder werden nicht nur Homosexuelle, sondern auch Kritiker des Islam oder Frauen, welche sich nicht dem islamischen Patriarchat unterodnen, diskriminiert, verfolgt und getötet. Und was besonders drastisch in islamisch dominierten Ländern auftritt, wirft seine Schatten auch auf westliche Großstädte, in denen Homosexuelle zwar formell (großteils) gleichgestellt sind, jedoch vor allem in muslimisch-migrantisch geprägten Vierteln immer häufiger um ihr Wohl bangen müssen.
Frauenverachtung, Homophobie, wahnhafter Kollektivismus sowie die Verachtung des Lebens sind nicht bloß Auswüchse des Islam sondern diesem inhärent.
Dass Omar Mateen, der vor einigen Tagen mit einem Sturmgewehr jenen das Leben austrieb, die sich nicht mehr als der bloßen Lebensfreude schuldig gemacht hatten, ein islamischer Eiferer war, ist also kein Zufall. Vielmehr ist diese Tat als die konsequente Zuspitzung der islamischen Todesapologie zu interpretieren.
Eine Linke, die diesen Zusammenhang immer wieder gekonnt ausblendet, übt nicht nur Verrat an ihren eigenen Ansprüchen, sondern auch an jenen, welche in islamisch geprägten Gesellschaften Leben und, wenn sie nicht ins archaische Bild passen, tagtäglich unter ihnen zu leiden haben. Dabei hätten gerade die wenigen, die sich den barbarischen Zuständen widersetzen, Solidarität nötig und Stimmen, welche sich für sie stark machen, statt ihnen in kulturrelativistischer Manier und getrieben durch Pseudo-Antirassismus in den Rücken zu fallen.
Genau hier muss kommunistische Kritik, die es ernst meint, intervenieren und postulieren, was Tatsache ist: Der Angriff am 12.06. war eine Angriff auf die westliche Zivilisation, ein Angriff auf die (bürgerliche) Freiheit, ein Angriff auf eben jene, welche als besonders frevelhafte Vertreter dieser wahrgenommen werden, die Homo- und Transsexuellen. Durchgeführt durch einen Kämpfer des Islam, einen Kämpfer, der nicht wenige Bewunderer haben dürfte und dem, wie zu befürchten ist, noch einige folgen werden.
Bringen wir die Waffen der schonungslosen Kritik in Anschlag gegen die Ideologie, die diesen Kämpfern die Munition liefert.

Gegen die Apologeten des Todes!
Kommunistische Emanzipation statt Barbarei!

[1]https://www.washingtonpost.com/news/worldviews/wp/2016/06/13/here-are-the-10-countries-where-homosexuality-may-be-punished-by-death-2/?utm_term=.c723ec64e4f1
[2] http://www.pewforum.org/2013/04/30/the-worlds-muslims-religion-politics-society-morality/