Khaibar – Khaibar – Allahu Akbar! – Jerusalem ist unser!

Artikel vom 03. August 2017

Das Pferd sei diesmal von hinten aufgezäumt: Nachdem eine Kundgebung in Kassel vom Versammlungsleiter beendet wurde, skandierte die noch nicht nach Hause gelaufene Menge folgende Parolen: „Khaibar Khaibar ya yahud jaish muhammad sa yahud!“ Auf deutsch: „Juden, erinnert euch an Khaibar, die Armee Mohammeds kommt zurück!“

Khaibar steht für die islamische Erzählung eines Sieges von Mohammeds Truppen gegen eine damals von Juden bewohnte Stadt auf der arabischen Halbinsel. Sie mussten sich in der Erzählung Mohammed unterwerfen und eine Sondersteuer zahlen, später wurden die meisten von ihnen vertrieben. (https://de.wikipedia.org/wiki/Chaibar_(Feldzug)) Wenn man diese Zeilen als judenfeindliche bzw. antisemitische Kampfparolen bezeichnet liegt man also nicht falsch.

Warum intoniert also eine Menschenansammlung unbehelligt mitten am Tage in einer deutschen Großstadt solche Zeilen?

Zur Rekapitulation: Am 14. Juli hatten drei israelische Araber, die bewaffnet vom Tempelberg gekommen waren – die Waffen wurden ihnen in der Al Aksa-Moschee überreicht – in der Altstadt zwei israelische Polizisten erschossen, und waren dann auf den Tempelberg zurückgelaufen, wo sie bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet wurden. Danach stellten die israelischen Sicherheitskräfte Metalldetektoren auf, um solche Vorfälle zukünftig zu vermeiden. Dies führte dann zu den Insurrektionen palästinensischer Gruppierungen mit dem sattsam bekannten Ablauf auch in Deutschland. (http://www.mena-watch.com/mena-analysen-beitraege/tempelberg-toedliche-propaganda/)

Zur Solidarisierung mit den Insurgenten mobilisierten Palästinensische Gemeinden überregional. In Kassel rief die […] zu einer Kundgebung für „Al-Aqsa und Al-Quds (= Jerusalem)“ auf. In NRW war in einem Aufruf von „Judaisierungsmaßnahmen“ die Rede, die den „Lebensraum“ des palästinensischen Volkes und die Religionsfreiheit, „heute Al-Aqsa und morgen die Grabeskirche“, bedrohe, man kann davon ausgehen, dass auch die […] in Kassel kein Problem mit solcherlei Formlierungen hätte.

[…]

Jedenfalls versammelte sich am Freitag eine mit palästinensischen Fahnen drapierte Gruppe Männer mittleren und jüngeren Alters auf der Rathaustreppe in Kassel. Zu Beginn wurde die palästinensische Hymne intoniert. Dort heißt es: „Mein Land, das Land meiner Großväter … meine Nation, die Nation der Ewigkeit“ so wird klar und deutlich der territorialen Anspruch der gewünschten Nation benannt. Der ist mit friedlichen Mitteln nicht umsetzbar. Daher wird folgerichtig mit „Ich werde als Fidai (Guerillero) leben, ich werde Fidai bleiben / Und werde als Fidai sterben, bis wir in unser Land zurückkehren“ sowohl der bewaffnete Kampf, wie auch der Märtyrertod beschworen. Im Blut-und-Boden-Duktus wird ein Racheschwur ausgesprochen: „Mit meiner Entschlossenheit, meinem Feuer und dem Vulkan meiner Rache / Dem Verlangen meines Blutes nach meinem Land und Heim“ (Siehe hier).

Teils ergriffen lauschend, teils die Hymne laut mitsingend posierten die Männer Fahnen schwenkend auf der Rathaustreppe. Danach wurde „Freiheit für Palästina“, „Jerusalem ist unser“ und weitere Parolen auf arabisch skandiert. Mit dem Rücken zum Publikum rief ein Einpeitscher den auf der Treppe positionierten Männern die Parolen zu, die diese dann skandierten. Der Truppe, sorgsam separiert, zur Seite gestellt, waren auch ein paar Frauen, die sich im Habitus jedoch nicht von ihren männlichen Spießgesellen unterschieden. Nach und nach wurden dem Publikum dann auch mit Fahnen drapierte Kleinkinder entgegengehalten, eines davon mit einem Schal, auf dem das Wappen der Fatah zu sehen war: Zwei Maschinengewehre, eine Handgranate und ganz Palästina (= kein Israel) sind dort abgebildet.

Auch einige Männer, mit ihren „abnormalen Bärten“ (Xinhua) und Tschador tragenden Frauen als Anhänger der Salafisten Szene kenntlich, leisteten ihren palästinensischen „Brüdern“ Unterstützung.

Zum Schluss wurde dann mehrere Minuten „Allahu Akbar!“ skandiert. Der Mastermind des Café Buchaoase und Ehemann der Al Najem Jörg Uloth war auch zugegen und bedrängte den Chronisten der Infostelle Antisemitismus Kassel, als auch dieser die Kundgebung fotografisch dokumentierte. Außer unserer Genossen des AK Raccoons und des Bündnis gegen Antisemitismus waren keine organisierten Antifaschisten zu sehen, auch nicht die sonstigen üblichen Verdächtigen, die sich in Kassel bei jedem Aufmarsch mehr oder weniger abseitiger (vermeintlicher oder tatsächlicher) Nationalisten, Faschisten und Rassisten sammeln. Auch die Stadt Kassel, die sich dafür rühmt, Partnerstadt der israelischen Stadt Ramat Gan zu sein, und damit, die Geschichte des Nationalsozialismus vorbildlich aufgearbeitet zu haben und den ermordeten und vertriebenen Juden zu gedenken, verhielt sich zu diesem israel- und judenfeindlichen, national-islamischen Zinnober nicht.

Das lässt nichts Gutes erwarten. Die Unterstützer der palästinensischen Insurgenten kündigten weitere Kundgebungen an. Es bleibt abzuwarten, ob antifaschistische und demokratische Kräfte in Kassel sich ihrer selbst auferlegten politischen Verantwortung bewusst werden und den aktuell bedrohlichsten Formen des Antisemitismus entgegen treten.

BgA Kassel
Ak: Raccoons

[Anmerkung: Da dem BgA rechtliche Konsequenzen angedroht werden, haben wir die Hinweise auf die Aufrufenden vorübergehend entfernt.]